Debrief: Afriqiyah Airbus A330 Absturz in Tripolis

05.03.2013 RK
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Am 12. Mai 2010 stürzte ein Airbus A330 von Afriqiyah Airways während des Landeanflugs auf Tripolis ab, vor ein paar Tagen veröffentlichte die zuständige Behörde den Unfallbericht.

Bei dem tragischen Unfall überlebte lediglich ein neun Jahre alter Junge aus den Niederlanden, alle übrigen 103 Insassen kamen bei dem Absturz ums Leben. Der Grossraumjet stürzte während eines nicht korrekt geflogenen Durchstartverfahrens kurz vor der Ostpiste 09 in Tripolis ab. Im Cockpit des Airbus A330 von Afriqiyah Flug AAW721 waren drei erfahrene Piloten, alle verfügten über eine gültige Lizenz und eine Berechtigung den A330 zu pilotieren. Neben dem 57 Jährigen Kapitän waren zwei Copiloten an Bord. Jeder der Flugzeugführer verfügte auf dem Muster eine Erfahrung von rund 500 Flugstunden. Den Unglückspiloten konnte kein Konsum von Alkohol oder Drogen vorgeworfen werden. Die Ruhezeit von 15 Stunden war absolut legal, vor einem längeren Langstreckenflug stufen wir sie jedoch als eher zu knapp ein. Zum Landezeitpunkt war das Wetter mit Sichtweiten von 6000 Metern und einem schwachem Wind von einem bis drei Knoten aus östlicher Richtung gemeldet. Die Unfallermittler stellten jedoch fest, dass der aktuelle Wetterbericht nicht korrekt war und zum Landezeitpunkt bereits Dunst mit viel schlechteren Sichtweiten herrschte. Die Wettervorhersage für Tripolis rechnete im späteren Verlauf des Morgens mit einer leichten Dunstbildung und tief hängende Wolkenfetzen, für den Vormittag wurde mit leichter Wahrscheinlichkeit Regen gemeldet. Bis zum Anflug auf die Landebahn 09 in Tripolis verlief der Flug mit dem A330 problemlos. Die Probleme stellten sich erst beim schlecht vorbereiteten Anflug ein, als der fliegende Copilot die vorgeschrieben minimale Sinkflughöhe von 620 Fuss missachtete und den Anflug weiter führte, obwohl die Crew weder Sichtkontakt mit dem Boden noch mit der Landebahn hatte. Bei dem Anflug handelte es sich um einen Nichtpräzisionsanflug, der auf zwei ungerichteten Funkfeuern basierte. Dieses Anflugverfahren kann mit dem Airbus A330, wenn das Flugführungssystem richtig programmiert ist, wie ein herkömmliches ILS Instrumentenlandesystem abgeflogen werden. Die Piloten stellten noch vor dem Überflug des ersten Funkfeuers die vertikale Flugsteuerung auf manuelle Eingabe der Sinkflugrate um und verliessen dabei das empfohlene Flugprofil. Nach dem Durchfliegen des Minimums intervenierte das Bodenwarngerät des A330 bei 280 Fuss mit der Warnung „Too Low Terrain“, daraufhin forderte der Kapitän den Copiloten auf, das Durchstartverfahren einzuleiten. Der Copilot schaltete den Autopiloten aus und führte den A330 durch nicht adäquate Steuereingaben in einen unstabil geflogenen Durchstart. Nach weiteren synthetischen Warnungen "Dont Sink", "Too Low Terrain" und "Pull Up" übernahm der Kapitän die Flugsteuerung, ein paar Sekunden darauf schlug das zweimotorige Grossraumflugzeug mit einer hohen Sinkrate auf dem Boden auf. Der Unfall hätte durch eine bessere Zusammenarbeit innerhalb der Cockpitbesatzung vermieden werden können. Auf einen schlecht vorbereiteten Anflug folgte ein nicht stabiler Endanflug, dabei wurde die minimal vorgeschriebene Sinkflughöhe ohne Sichtkontakt zum Boden unterschritten, das Durchstartverfahren wurde viel zu spät eingeleitet und ebenfalls nicht korrekt geflogen. Die gleiche Crew hatte bereits am 28. April 2010 ein Vorkommnis bei einem Nichtpräzisionsanflug, das über die Flugoperation mit den Piloten noch nicht korrekt abgehandelt wurde. Neben dem schlechten Crew Resource Management hat auch das Wetter und das schlecht gewählte Anflugverfahren zum Unfall beigetragen. Die Flugsicherung hätte der Besatzung einen Anflug mit dem Instrumentenlandesystem (ILS) auf die Piste 27 vorschlagen können, dabei wäre die Arbeitsbelastung für die Cockpit Besatzung niedriger gewesen als bei einem Anflug mit ungerichteten Funkfeuern. Captain Robert Kühni
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