BARIG fragt und Politik antwortet

16.09.2009 RK
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Zum Ende der Legislaturperiode attestiert das Board of Airline Representatives in Germany e.V. (BARIG) der deutschen Bundesregierung eine durchwachsene Bilanz.

„Bei großen Aufgaben hat die Politik in den vergangenen vier Jahren nur kleine Schritte gemacht“, fasst BARIG-Generalsekretär Martin Gaebges die Arbeit der Großen Koalition zusammen. „Zwar wurden mit der Verabschiedung des Flughafenkonzeptes und der Weichenstellung für den Single European Sky gute Ansätze gemacht. Unter dem Strich aber ist die finanzielle Belastung der Airlines insbesondere durch ausufernde Sicherheitsmaßnahmen dramatisch gestiegen. Ein besonders dringendes Problem ist die Planungssicherheit für Airlines durch praxisgerechte Nachtflugregelungen. Hier brauchten wir politische Entscheidungen, stattdessen wurden wir in juristische Warteschleifen geschickt. Schmerzlich vermisst der Airlineverband außerdem ein klares Bekenntnis der Bundesrepublik zum Luftverkehrsstandort Deutschland bei anstehenden EU-Entscheidungen, beispielsweise beim Emissionsrechtehandel.“ Im Vorfeld der Bundestagswahl hat BARIG als offizieller Interessenvertreter von mehr als 100 Airlinemitgliedern alle im deutschen Bundestag vertretenen Parteien zu den wichtigsten aktuellen Themen der Luftverkehrspolitik befragt. Die Bedeutung des Luftverkehrs für den Wirtschaftsstandort Deutschland wird im Vorfeld der Wahl grundsätzlich von allen Parteien bestätigt. Für Bündnis 90-Die Grünen müssen in erster Linie bessere Rahmenbedingungen für einen nachhaltigen und klimabewussten Flugverkehr geschaffen werden. DIE LINKE fordert konsequente Klimaschutzmaßnahmen und neue Verkehrslösungen.
Die Themen zukunftsorientiertes Flughafenkonzept, Flughafenausbau sowie die Nutzung der Flughafenkapazitäten auch in der Nacht werden sehr kontrovers behandelt. Setzen sich die bürgerlichen Parteien sowie Bündnis 90-Die Grünen einhellig für einen bedarfsgerechten Ausbau von Flughäfen und -kapazitäten ein, lehnt DIE LINKE diesen ab. Bündnis 90-Die Grünen sehen eine politische Fehlsteuerung vor allem darin, dass der Ausbau nach wie vor Ländersache ist und fordern einen „Masterplan nachhaltiger Luftverkehr“.
Bei der Einbeziehung des Luftverkehrs in den Emissionsrechtehandel sehen bis auf DIE LINKE alle Parteien die Notwendigkeit einer internationalen Lösung, um für den deutschen Luftverkehrsstandort Wettbewerbsnachteile zu vermeiden. Die CDU fordert, den Emissionshandel zu einem globalen System weiterzuentwickeln und weitere Branchen einzubeziehen. Auch SPD und FDP fordern Lösungen, die Wettbewerbsneutralität mit nichteuropäischen Airlines gewährleisten. Bündnis 90-Die Grünen sehen bis zur Einführung einer internationalen Lösung nach europäischem Vorbild eine besondere Verantwortung der EU-Staaten, wollen außer CO2 auch andere Klimagase zertifizieren. DIE LINKE hofft über den Emissionsrechtehandel hinaus auf die Einführung einer Kerosinsteuer und „würde es grundsätzlich begrüßen, wenn der Luftverkehr langfristig sinken würde“.
BARIG fordert die schnelle Einführung des Single European Sky (SES) und somit die Vereinheitlichung des europäischen Luftraums. Dem stimmen grundsätzlich alle Parteien zu. Die FDP hält es darüber hinaus für erforderlich, die Deutsche Flugsicherung durch geeignete gesetzliche Rahmenbedingungen - zum Beispiel die Möglichkeit der Kapitalprivatisierung - für den europäischen Wettbewerb fit zu machen, was DIE LINKE wiederum rundweg ablehnt.
BARIG fordert eine Beteiligung des Bundes an den Sicherheitskosten als Folge hoheitlicher Aufgaben. Die CDU sieht diese Beteiligung beispielsweise durch die Präsenz der Bundespolizei an den Flughäfen bereits als hinreichend geleistet, strebt aber – wo möglich - eine Vereinfachung der Procederes (Flüssigkeitsverbot im Handgepäck) an. SPD und FDP wollen eine Beteiligung des Staates überprüfen und sich für eine faire Kosten- und Abgabenstruktur vor dem Hintergrund der Haushaltslage einsetzen. Bündnis 90-Die Grünen sehen aufgrund der höheren Risiken im Luftverkehr auch eine Ansiedlung der höheren Kosten beim Verkehrsträger als gerechtfertigt an. DIE LINKE erklärt, wer Leistungen vom Staat in Anspruch nimmt, müsse diese auch bezahlen. Pläne der Parteien zur Unterstützung der Luftfahrtbranche in Zeiten der Finanzkrise: Die bisherigen Regierungsparteien CDU und SPD verweisen zunächst auf die von ihnen aufgelegten Konjunkturprogramme, die auch Luftfahrtunternehmen offenstehen, außerdem auf Kreditbürgschaften für Flugzeughersteller. DIE LINKEfordert jedoch Stimmrechte im Tausch gegen staatliche Hilfe. Bündnis 90-Die Grünen sehen die Chance, beispielsweise durch Unterstützung der Technologieinitiative „Clean Sky“ oder unbürokratische steuerliche Forschungsförderung für KMU aus der Krise eine Tugend zu machen. Die FDP wiederum setzt konsequent auf politische Rahmenbedingungen wie vereinfachtes Planungsrecht oder Verzicht auf Nachtflugbeschränkungen, um so die vorhandene Investitionsbereitschaft der Wirtschaft zu stimulieren. Die kontrovers diskutierten Themen Kerosinsteuer, Mehrwertsteuer, Ticketabgabe unter Wettbewerbsaspekten machen gravierende Auffassungsunterschiede der Parteien deutlich: die CDU hält jegliche Änderung des Status quo nur unter der Prämisse für denkbar, dass daraus keine Verkehrsverlagerungen aus Deutschland heraus möglich würde. Die SPD mahnt zu maßvollem Handeln, steht aber der Einführung einer Kerosinsteuer in einer europäischen bzw. internationalen Regelung offen gegenüber. Ticketabgaben werden von der FDP als reine Symbolpolitik rundweg abgelehnt, eine Harmonisierung von Mehrwert- und Kerosinsteuer ist nur langfristig international denkbar. Bündnis 90-Die Grünen wollen Kerosin- und Mehrwertsteuer einführen. Zusätzlich sollen bis zur Einführung des EU-Stufenplans zur Entwicklungs-finanzierung mit einer zusätzlichen Flugticketabgabe entwicklungspolitische Aufgaben im Rahmen der EU-Milleniumsziele finanziert werden. DIE LINKE fordert Energie- und Mehrwertsteuer auch auf Auslandflügen, strebt jedoch auch Lösungen auf europäischer Ebene an. Die Zusammenfassung des BARIG Wahl-Checks: Die Bedeutung des Luftverkehrs ist den politischen Entscheidungsträgern zwar durchaus bewusst, bei den konkret zu treffenden Maßnahmen gehen die Meinungen jedoch sehr weit auseinander. Da voraussichtlich keine der fünf befragten Parteien die alleinige Regierung bilden kann, wird die Mehrheitskonstellation entscheidend für die Luftverkehrspolitik der kommenden Jahre sein. Martin Gaebges: „Eine Koalition der bürgerlichen Parteien hätte aus Sicht unserer mehr als 100 Mitglieder vermutlich das geringste Konfliktpotenzial. Wir müssen aber sehr darauf achten, dass die Airline-Themen auch angemessen gewichtet und unsere Belange aktiv vorangetrieben werden. Das von der alten Bundesregierung verabschiedete Flughafenkonzept hat die Notwendigkeit eines 24-Stunden-Betriebes für die Luftfracht klar benannt. Eine neue Koalition ist dringend aufgefordert, hier schnell Nägel mit Köpfen zu machen und so die Wettbewerbsfähigkeit des Luftverkehrsstandortes Deutschland nachhaltig zu sichern.“ Pressemeldung: BARIG

Link: BARIG

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