Segelflug, lautloses Gleiten.

29.03.2009 RK
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Im ersten Teil wurden der Hangaufwind und die Thermik einer Wellenwolke behandelt. Nun wird die fast wichtigste Aufwindquelle des Segelflugs erläutert: die Wolkenthermik. Jeder kennt sie, die Schäfchenwolken oder Schönwetterwolken am Himmel, doch was bedeuten sie wirklich, wie entstehen sie und wie kann man die dort entstehende Thermik am Besten nutzen?

Im ersten Teil wurden der Hangaufwind und die Thermik einer Wellenwolke behandelt. Nun wird die fast wichtigste Aufwindquelle des Segelflugs erläutert: die Wolkenthermik. Jeder kennt sie, die Schäfchenwolken oder Schönwetterwolken am Himmel, doch was bedeuten sie wirklich, wie entstehen sie und wie kann man die dort entstehende Thermik am Besten nutzen?

Enstehung einer Cumulus-Wolke

Die Cumulus Wolke entsteht bei Thermik. Je nach Aussehen der Wolke, kann der Segelflugpilot beurteilen, ob dort starke Thermik zu finden ist, oder wie lange ungefähr die Thermik noch anhält.
Wenn die Sonne scheint, erwärmt sie den Boden. Der Boden erwärmt die bodennahen Luftschichten. Sobald die erwärmten Luftschichten eine höhere Temperatur aufweisen, als die Luftschichten darum herum, steigen sie auf. Sie steigen so lange auf, bis sie dieselbe Temperatur haben wie Luftschichten, die sie umgeben. Dann erreichen sie das Kondensationsniveau und es bildet sich eine Wolke. Es steigt mehr warme Luft auf und die Wolke wird grösser. Diese aufsteigende, warme Luft wird als Thermik bezeichnet. Der Segelflugpilot nutzt also die warme Luft als eine Art Fahrstuhl, um Höhe zu gewinnen. Jedoch hält dieser warme Aufwindstrom nicht ewig an, sondern er löst sich irgendwann vom Boden ab und die Wolke bildet sich zurück. Wann das der Fall ist, kann aufgrund des Aussehens der Wolke beurteilt werden. In folgender Grafik sind die einzelnen Wolkenstadien modellhaft dargestellt:

(Foto: Johannes Klaiber)

Warmluftquelle

  1. Ablösung
  2. Thermikschlauch, Dunstkuppe
  3. Wolkenballen in Basishöhe (Kondensationsniveau erreicht)
  4. Zusammengewachsene Wolkenbasis
  5. Reifestadium: Dort wo der Aufwind am stärksten ist, ist die Wolke am stärksten nach oben gewölbt und die Basis ist hier am dunkelsten
  6. Maximale Grösse und beginnender Zerfall, sobald das Warmluftreservoir erschöpft ist. Dieses Stadium ist schon erreicht, wenn nur ein kleiner Spalt an der Oberseite der Wolke vorhanden ist.
  7. Zerfall von der Basis her, erkennbar an unscharfen Konturen, Abwind
  8. Auflösung, Abwind

Stadien einer Wolke, modellhaft dargestellt (Quelle: Reichmann, Streckensegelflug)
Cumuluswolke am Walliser Stellihorn (Bild:GNU-Licence)

Das Bild zeigt eine Cumulus Wolke mit dunkler Unterseite, jedoch schon etwas zerrissen. Wölbt sich an einigen Stellen blumenkohlartig nach oben aus (typisches Kriterium für eine Cumulus Wolke)

Das Fliegen in der Thermik - Aufwindsuche

Um Thermik zu finden orientiert man sich am Besten anhand der Wolkenbilder und des Windes. Die Lage des Thermikschlauches wird nämlich vom Wind entscheidend beeinflusst. Je nach Windstärke und –richtung, kann sich die Lage des Aufwindschlauches verändern. Bei starkem Wind wird die Bahn des Schlauches in Blasrichtung des Windes geneigt. Das Entstehungszentrum der Thermik bleibt zwar am selben Ort, doch der Aufwindschlauch neigt sich und damit steht die Wolke nicht genau über der Aufwindquelle am Boden, sondern ist in Windrichtung verschoben. Man findet also die Thermik in unterschiedlichen Höhen an unterschiedlichen Orten. Wenn man tief ist und sieht Flugzeuge in grösserer Höhe kreisen, muss man den Wind beachten, sonst sucht man den Aufwind an der falschen Stelle. Viele Segelflugpiloten sind schon abgesoffen und auf dem Acker gelandet, während die anderen oben wegstiegen und dies nur weil sie den Wind entweder gar nicht berücksichtigt hatten, oder ihn völlig falsch eingeschätzt hatten.

Windsituationen (Grafik: Johannes Klaiber)

Es gibt aber auch Wetterlagen bei denen keine Wolken entstehen, aber trotzdem Thermik vorhanden ist. Das nennt man Blauthermik. Sie tritt meistens bei stabilen Wetterlagen auf, wie zum Beispiel der Hochdrucklage. Die Entstehungszonen dieser Thermik sind dieselben. Beider Aufwindsuche muss hier den Bodenmerkmalen besondere Beachtung geschenkt werden. Grundsätzlich erwärmen sich dunkle Oberflächen schneller als helle. Weizenfelder, Waldkanten oder Industriegebiete bieten in der Regel gute Voraussetzungen für die Entstehung von Thermik.

Das Fliegen in der Thermik - Richtiges Kreisen

Hat man ein gutes Aufwindfeld gefunden, muss man „nur“ noch richtig Kreisen, um die Thermikquelle optimal ausnutzen zu können. Dabei gibt es verschiedene Methoden. Grundsätzlich ist jede Thermik verschieden, das heisst Fluggeschwindigkeit und Schräglage müssen den jeweiligen Verhältnissen immer angepasst werden. In der folgenden Situation wird davon ausgegangen, dass man alleine bei der Thermikquelle ist und kein anderes Segelflugzeug die Geschwindigkeit und die Drehrichtung vorgibt. Die Wahl ob links oder rechts kreisen besser ist, hängt davon ab, wie man in der Situation auf die Thermik trifft. Ist die Thermik stark, merkt man möglicherweise ein Anheben des linken oder rechten Tragflügels während über die Thermikquelle geflogen wird. Hebt sich also beispielsweise die linke Fläche, kreist man nach links ein, da die Thermik an dieser Stelle die linke Fläche nach oben drückt.
Nun wird einfach ein Kreis geflogen, um sich ein klares Bild von der Thermikquelle an diesem Ort zu verschaffen. So können nach Beenden des Kreises Aussagen gemacht werden, an welchen Stellen des Kreises mehr Steigen war und an welchen Stellen weniger.

Kurz unter der Wolkenbasis (Foto: Johannes Klaiber)

Das Ziel ist an allen Stellen des Kreises ungefähr gleich viel Steigen (und zwar das best mögliche Steigen) zu erhalten. Deshalb muss der Kreis nun der Thermik angepasst werden. Im Segelflugjargon heisst das Zentrieren. An den Stellen, an welchen schwächeres Steigen auftritt, wird die Schräglage erhöht, also der Kreis enger gemacht. An den Stellen, an welchen stärkeres Steigen vorhanden ist, wird der Kreis aufgeweitet. Mit dieser Methode wird der Kreis in Richtung des Besten Steigens verlagert.
Die Geschwindigkeit für das Beste Steigen ist von Flugzeug zu Flugzeug verschieden, jedoch braucht es bei grösserer Schräglage eine höhere Geschwindigkeit.

Das Fliegen in der Thermik - Fliegen im Pulk

Das Fliegen im Pulk bereitet ungeübten Piloten immer wieder Schwierigkeiten, ist aber unerlässlich bei Wettbewerben. Fliegen im Pulk kann schnell gefährlich werden, wenn nicht ein paar grundsätzliche Regeln beachtet werden.
Das erste Flugzeug im Thermikschlauch bestimmt die Drehrichtung. Alle anderen Flugzeuge die später in diese Thermik einsteigen, dürfen keine Richtungsänderungen vornehmen, egal ob sie über dem ersten, oder unter dem ersten in die Thermik einsteigen. Innen überholen durch einen steileren Kreis ist verboten. Es ist nicht nötig innen vorbeizuziehen, bloss um 0,2 m/s mehr Steigen zu erreichen. Dadurch werden die anderen nur unnötig gefährdet. Beim Einsteigen in die Thermik sollte möglichst immer genau gegenüber eines anderen Flugzeuges auf gleicher Höhe eingekreist werden, am Besten fliegt man dabei tangential in den Kreis. Dieser Vorgang wird in folgender Grafik erläutert:

Das Fliegen in Pulk (Grafik: Johannes Klaiber)

Das Bild zeigt die Idealkonstellation von vier Flugzeugen auf gleicher Höhe im selben Aufwind. Die beiden schwarzen Flugzeuge sind sich genau gegenüber und die beiden grünen auch. So hat jedes Flugzeug genug Platz, um zu kreisen.

Blick nach links aus einem Duo-Discus in der Thermik (Foto: Johannes Klaiber)

Im obigen Bild fliegen beide Flugzeuge genau gegenüber, ausserdem haben sie genügend Höhenabstand zueinander. Natürlich ist diese Konstellation nicht immer möglich, da sich meist noch viel mehr Segelflugzeuge im selben Thermikschlauch befinden.

Der dritte Teil dieser Reportagen-Serie erläutert die Taktik im Thermikflug, den Delphinflug und die McCready Theorie.

© Johannes Klaiber, fliegerweb.com

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