Tupolev Tu 70

01.11.2014 EK
tu70_200

Tupolev Tu 70, Land: ehemalige Sowjetunion Die Tupolev Tu 70 wurde als Verkehrsflugzeug gebaut. Spannweite: 43,80 m, Länge: 35,61 m, Maximales Abfluggewicht: 51.400 kg

Anfang 1946 war das OKB Tupolev dabei, die Konstruktionsarbeiten am strategischen Bomber B-4, später Tu-4, abzuschließen. Diese Maschine war ja wie bekannt, der Nachbau der Boeing B-29, von denen mehrere wegen Beschädigungen in Luftkämpfen, technischer Probleme oder Navigationsfehlern im Fernen Osten der Sowjetunion gelandet waren. Tupolev übertrug nun die amerikanische Konstruktion auf metrische Maße und in der Sowjetunion verfügbare Materialien und Systeme. Tupolev schlug dabei vor, aus der B-4 ein Langstreckenverkehrsflugzeug abzuleiten. Der Aufwand wurde als relativ niedrig eingestuft, es mußte lediglich der Rumpf überarbeitet und in manchen Bereichen neu konstruiert werden. Das Luftfahrtministerium war von dem Vorschlag angetan, ein luxuriöses Langstreckenflugzeug für hohe Staatsbeamte und Parteibonzen zu entwickeln. Die Verwendung als Passagierflugzeug im Liniendienst spielte nur eine untergeordnete Rolle. Der Luftverkehr steckte nach dem Kriege in der Sowjetunion noch in den Kinderschuhen und für die wenigen nationalen und internationalen Fluglinien reichten die im Einsatz befindlichen Li-2 (DC-3 Lizenzbau) und die neu entwickelte Il-12 aus. Tupolev erhielt mit dem Beschluss des Ministerrates Nr. 472 191 den Auftrag, die zivile Variante der B-4 in Angriff zu nehmen und zwei Prototypen zu bauen. Die offizielle Bezeichnung wurde mit Tu-12 festgelegt. Die Maschine war ein Ganzmetall-Tiefdecker mit Normalleitwerk und Bugradfahrwerk, wobei alle Fahrwerke Zwillingsbereifung hatten. Der Rumpfbug wurde verglast, dort saß der Navigator, der gleichzeitig Kommandant des Flugzeuges war. Völliges Neuland war für Tupolev und seine Mannschaft, den Rumpf als Druckkabine auszubilden, schließlich betrug der Durchmesser 3,60 m und die Länge fast 25 m. Der Kabineninnendruck sollte auch bei grossen Flughöhen nicht unter 0,57 at abfallen. Wieder half die B-29, man übernahm das System der Zapfluft, die über die Triebwerke und regelbare Ventile in die Kabine gedrückt wurde. Das Projekt erhielt die interne Bezeichnung Tu 70. Tupolev schlug drei Varianten vor, eine Regierungsmaschine mit insgesamt 48 Sitzplätzen, davon 20 Plätze Luxusklasse und 28 Plätze erster Klasse in getrennten Kabinen, eine Variante mit 72 Sitzplätzen erster Klasse in zwei Kabinen und eine reine Transportmaschine, die intern Tu 75 genannt wurde.
Im Oktober 1946 war der Bau der ersten Maschine abgeschlossen und die Bodenerprobung begann. Der Erstflug erfolgte am 11.November 1946 unter der Leitung von Testpiloten F.F. Opatshij. Beim vierten Testflug kam es wegen eines brennenden Motors zu einer Notlandung bei der das Flugzeug ziemlich beschädigt wurde. Bei der folgenden Untersuchung stellte man einen ernsthaften Konstruktionsfehler im Kraftübertragungsbereich der Motoren fest, der sich durch das Umschreiben der amerikanischen Konstruktion in russische Fertigungsunterlagen eingeschlichen hatte. Der gleiche Fehler lag natürlich bei den identischen Tu-4 vor.
Nachdem der Fehler beseitigt war, wurde die Erprobung im Februar 1947 erfolgreich abgeschlossen.
Deren Ergebnisse führten im Juni 1948 zu der Entscheidung der Regierung, 20 Maschinen Tu -70, die ursprüngliche Bezeichnung Tu-12 hatte inzwischen ein zweistrahliger Frontbomber erhalten, als Regierungsmaschinen zu bauen.
Gebaut wurde aber schließlich keine, da alle Fertigungsbetriebe mit dem Bau neuer Kampfflugzeuge ausgelastet waren. Ähnlich erging es der Transportervariante Tu-75. Diese Situation war auch die Grundlage der späteren Absprache, dass Zivilflugzeuge in der DDR und alle Militärflugzeuge in der Sowjetunion gebaut werden sollten, was zum Aufbau der ostdeutschen Flugzeugindustrie führte.

Tupolev Tu 70 (Archiv: Eberhard Kranz)

Technische Daten: Tupolev Tu 70

Verwendung: Verkehrsflugzeug
Baujahr: 1947
Besatzung: 6 Mann
Passagiere: je nach Ausführung zwischen 48 und 72
Triebwerk: vier luftgekühlte 14 Zylinder Doppelsternmotoren Ash 73 TK mit Lader und Vierblatt-Metall-Verstellpropeller
Startleistung: je 2.375 PS (1.749 kW)
Dauerleistung: je 2.000 PS (1.473 kW) in 5.000 m

Spannweite:43,08 m
Länge: 35,61 m
größte Höhe: 9,75 m
Propellerdurchmesser: 4,50 m
Propellerfläche:15,90 m²
Spurweite: 8,40 m
Flügelfläche: 161,70 m²
V-Form: 4,5°
Flügelstreckung: 11.07
Leermasse: 38.290 kg
Startmasse normal: 50.100 kg
Startmasse maximal: 51.400 kg
Tankinhalt: 10.210 Liter
Flächenbelastung: 317,87 kg/m²
Leistungsbelastung: 5,41 kg/PS
Höchstgeschwindigkeit in Bodennähe: 562 km/h
Höchstgeschwindigkeit in 5.000 m: 634 km/h
Marschgeschwindigkeit in 5.000 m: 560 km/h
Landegeschwindigkeit: 150 km/h
Gipfelhöhe: 10.800 m
Steigleistung: 12,2 m/s
Steigzeit auf 1.000 m: 1,5 min
Steigzeit auf 5.000 m: 9,0 min
Reichweite normal: 4.400 km
Reichweite maximal: 4.950 km
Flugdauer: 9 h
Share

Empfohlen

Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...

© 2023 Hobby Verlag AG. Alle Rechte vorbehalten.