Stinson Model A

26.04.2016 EK
Stinson Model A
Stinson Model A (Archiv: Eberhard Kranz)

Stinson wollte in den 1930er Jahren im Geschäft für Verkehrsflugzeuge Fuß fassen. Die Stinson Linienflugzeuge blieben erfolglos, von dem Model A wurden nur 35 Maschinen gebaut. Spannweite: 18,29 m Länge: 11,22 m Geschwindigkeit: 292 km/h

Stinson Model A
 

Edward „Eddie“ Stinson gründete 1920 die Stinson Aircraft Syndikate Corporation in Detroit, wo er versuchte, verschiedenste  Teile für die aufstrebende Luftfahrt herzustellen und aber  auch für Ford tätig wurde. 1926, nachdem er zusammen mit Alfred Verville, einem damals bekannten unabhängigen Flugzeugkonstrukteur, den viersitzigen Kabinen-Doppeldecker Stinson „Detroiter“ konstruiert hatte, die Idee dazu kam von der Industriekammer Detroit, wollte er  das Flugzeug auch in der eigener Regie bauen. Dazu mußte er investieren und auch weitere Flugzeuge entwickeln, um die Firma am leben zu erhalten. 1929 wurde seine Firma von der Cord Corporation gekauft, die neben dem Automobilbau, wo man bereits tätig war, in der kommenden zivilen Luftfahrt ein großes Potential sah. Deshalb hatte man schon den Motorenhersteller Lycoming und die Corman Aircraft Corporation, einen Hersteller von Leichtflugzeugen, erworben. Stinsons Firma wurde in Stinson Aircraft Corp. umbenannt und bereits Anfang 1930 begann sich die Firma, Eddie Stinson war Chefentwickler und General Manager in einer Person, mit der Entwicklung von größeren Verkehrsflugzeugen zu beschäftigen. Die Transportkapazität dieser Flugzeuge sollte 10 Passagiere betragen und die Mannschaft aus zwei Piloten bestehen. Als Vorbilder dienten die dreimotorigen Ford Modelle und auch die ebenfalls dreimotorigen Fokker Maschinen, die verstärkt von den amerikanischen Luftverkehrsgesellschaften eingesetzt wurden. Es entstanden so die Stinson SM-6000 „Airliner“ und die Stinson Model U, beides dreimotorige Hochdecker für 10 Passagiere. Die Maschinen wurden ein ungeahnter kommerzieller Erfolg für die Stinson Aircraft Corporation, denn insgesamt wurden von beiden Typen über 80 Exemplare verkauft. Dadurch war auch die materielle Basis für ein neues Projekt gegeben. Die Anforderungen an die Verkehrsflugzeuge hatten sich geändert, jetzt stand Schnelligkeit bei gleichzeitiger hoher Sicherheit im Vordergrund der Forderungen, was zur Entwicklung der Boeing 247 und der Konkurrenzmodelle Douglas DC-1  und DC-2 führte. Auch für Stinson war klar, dass man ein schnelles Verkehrsflugzeug entwickeln musste, wollte man weiterhin erfolgreich bestehen. So begann man sich ab März 1932 intensiv mit der Entwicklung eines solchen Flugzeuges zu beschäftigen. Als Teil der Cord Corporation musste man aber die Motoren der konzerneigenen Lycoming Manufacturing Company verwenden.  Deren erster und einziger Flugmotor war der 1929 entwickelte Neun-Zylinder-Sternmotor R-680  im Leistungsbereich von 300 PS. Somit war an eine aerodynamisch günstigere zweimotorige Maschine nicht zu denken und man musste weiter die dreimotorige Auslegung beibehalten. Der Entwurf sah schließlich einen dreimotorigen, aerodynamisch gut durchgebildeten Tiefdecker in Gemischtbauweise mit Normalleitwerk und einziehbarem Heckradfahrwerk vor. Als Triebwerke musste man drei luftgekühlte Neun-Zylinder-Sternmotoren Lycoming R-680-6 mit Vergaser verwenden. Die Startleistung betrug  245 PS (180 kW) bei 2.200 U/min, der Hubraum lag bei 11,15Liter.  Bei späteren Modellen kam der leistungsgesteigerte R-680-13 mit einer Startleistung von 300 PS (221kW) zum Einsatz.

Stinson Model A (Archiv: Eberhard Kranz)

Hauptkonstruktionsmerkmale Stinson Model A

Der Rumpf mit an den Ecken abgerundeten rechteckigen Querschnitt bestand aus einem geschweißten Gerüst aus Spanten und Längsträgern aus hochfestem Chrom-Nickel-Stahl. Außen war das Gerüst vom Bugmotor bis Kabinentür mit Leichtmetall verkleidet, der hintere Rumpf hatte lediglich eine Stoffbespannung. Die Passagierkabine bot bis zu 10 Passagieren in bequemen Einzelsesseln, die in drei Reihen angeordnet waren, Platz, die Standardbestuhlung war für 8 Passagiere ausgelegt. Die Kabine war schallisoliert und bot durch die relativ großen Fenster (64 x 38 cm) gute Sicht von allen Plätzen nach draußen. Die Kabine verfügte über eine Warmluftheizung und jeder Sitz über eine individuell regelbare Frischluftversorgung. Eine Garderobe und ein Waschraum mit Toilette befanden sich neben der Eingangstür. Die Pilotenkabine war eine halbe Etage höher gesetzt und bot den beiden Piloten gute Sicht nach vorn und durch die eigenwillige Tragflächengeometrie auch nach unten. Das Flugzeug verfügte über eine Doppelsteuerung. Die Verglasung war der damaligen Mode entsprechend nach vorn überstehend ausgeführt, was die Maschine aus heutiger Sicht gewöhnungsbedürftig aussehen lässt. Hinter dem mit einer NACA Haube widerstandsarm verkleideten Bugmotor befand sich ein Tank mit 379 Litern Kraftstoff. Der zweiholmige Tragflügel bestand aus einem Tragflächenmittelstück und je einem Außenflügel mit trapezförmigem Grundriss. Die Holme und Querverbinder waren aus hochfesten Chrom-Nickelstahl Rohren verschweißt und trugen an ihren äußeren Enden die beiden Flügelmotoren, die vorn der Tragflächenkante montiert waren. Über zwei aerodynamisch geformte I-Streben war das Tragflügelmittelstück auf beiden Seiten nach oben zu den Rumpfspanten hin abgestrebt, so dass ein äußert stabiler und verwindungssteifer Verbund entstand. Das Tragflächenmittelstück hatte eine eigenartige Geometrie. Es war auf beiden Seiten zum Rumpf hin eingezogen, so dass die Flügeltiefe am Rumpfanschluss deutlich geringer war als an der Motorenanschlussseite. Der Grund dafür sollte eine Sichtverbesserung nach vorn unten für die Piloten und nach hinten unten für die Passagiere sein. Auch nahm die Flügelhöhe zum Rumpf hin ab, das Tragflügelprofil wurde flacher, was mit besseren Langsamflugeigenschaften erklärt wurde. Das Tragflächenmittelstück war komplett mit Leichtmetall verkleidet und nahm auf beiden Seiten einen Kraftstofftank von 30 Gallonen (113,55 Liter) auf. Das elektrisch einziehbare Hauptfahrwerk fuhr nach vorn in die Motorgondeln ein, wobei im eingefahrenen Zustand die Haupträder noch zur Hälfte aus den Gondeln ragten, um bei Notlandungen mit eingefahrenem Fahrwerk den Tragflügel zu schützen. Die trapezförmigen zweiholmigen Außenflügel waren an der Flügelkante bis zum ersten Holm mit Leichtmetall verkleidet, bis zum zweiten Holm wurde dann Sperrholz verwendet, der restliche Tragflügel war stoffbespannt. Die Querruder aus Sperrholz waren ebenfalls stoffbespannt. Sie waren als Kombinationsruder ausgelegt, die gleichzeitig die Funktion der Landeklappen mit übernehmen sollten. Die Trimmklappen wurden mit Seilzug vom linken Pilotensitz aus betätigt. Das großflächige glockenförmige Seitenleitwerk war ein mit Stoff verkleidetes Metallgerüst, das Seitenruder war ebenfalls stoffbespannt, lediglich die Trimmklappe hatte eine Sperrholzverkleidung. Die freitragenden dreieckigen Höhenflossen waren durchgehend und lagen auf dem Rumpf auf. Sie bestanden ebenfalls aus einem mit Sperrholz verkleideten Metallgerüst. Die Trimmklappen waren auch hier mit Sperrholz verkleidet und wurden mittels Seilzügen betätigt. Das elektrisch einziehbare Hauptfahrwerk verfügte über hydraulische Bremsen und Stoßdämpfer. Das nachlaufende ungebremste Heckrad war nicht einziehbar.

Stinson Model A (Archiv: Eberhard Kranz)

Die Stinson A stieß auf kein großes Interesse

Die Maschine, als Model A, später nur als Stinson A bezeichnet, stieß trotz einer großangelegten Werbekampagne bei den Luftverkehrsgesellschaften auf wenig Interesse. Lediglich American Airlines bestellte 15 Exemplare zu einem Stückpreis von 37.000 US-Dollar. Delta Airlines bestellte drei Maschinen und Central Airlines 5 Exemplare. Trotz des wesentlich günstigeren Preises orientierten sich die Gesellschaften an den größeren und schnelleren Maschinen von Boeing und Douglas. Außerdem war die Reichweite mit 790 km (490 miles) einfach zu gering, so dass die Maschine nur auf Nebenstrecken und als Zubringerflugzeug eingesetzt werden konnte. 

Stinson Model A (Archiv: Eberhard Kranz)

Flugerprobung der Stinson A

Anfang März 1934 war der Prototyp fertig gestellt und begann mit der Bodenerprobung. Am 27. April 1934 fand dann der Erstflug statt, der ohne Probleme verlief. Bei der weiteren Erprobung zeigte sich, dass die Maschine über sehr gute Langsamflugeigenschaften verfügte und mit extrem kurzen Start- und Landestrecken auskam.

Stinson Model A mit Modifikationen IFR Instrumentierung, Funk- und Navigationsgeräten (Archiv: Eberhard Kranz)

Die Stinson Model A im Einsatz

Am 22. Juni 1935 erhielt Delta Airlines die erste Stinson A mit der ab dem 2. Juli 1935 die Strecke Dallas – Atlanta beflogen wurde. Für die 1.255 km wurden acht Zwischenstopps eingelegt um Passagiere ein- und aussteigen zu lassen. In der Folge wurden dann bis 1937 alle bestellten Maschinen an die amerikanischen Fluggesellschaften ausgeliefert. Außerdem hatte man vier Maschinen als private Reiseflugzeuge mit luxuriöser Innenausstattung ausgeliefert. Im Januar 1936 übernahm Airlines of Australia (AoA) ihre drei bestellten Exemplare und setzte sie auf den Linien Brisbane-Sydney erfolgreich ein. Im August 1936 bestellte man bei Stinson eine vierte Maschine. Inzwischen begannen die amerikanischen Gesellschaften bereits sich von ihren Stinson A zu trennen und 1939 flog keine Maschine mehr im Liniendienst. Alle Maschinen hatte die indische Tata Airlines gekauft und setzte sie auf ihrem innerindischen Liniennetz ein, wo die Maschinen sich durchaus bewährten. Erst 1948 wurde die letzte Maschine in Indien mangels Ersatzteilen außer Dienst gestellt.

Stinson Model A (Archiv: Eberhard Kranz)

Die Stinson Model A wurde zweimotorig

Wegen kriegsbedingten Ersatzteilmangels, besonders für die Lycoming Motoren, rüstete man die beiden noch in Australien vorhandenen Maschinen 1943 auf Pratt & Whitney R-1340 AN1 mit einer Startleistung von 550 PS (404 kW) um. Dabei baute man den Mittelmotor aus und verkleidete den Bug mit Leichtmetallblechen aerodynamisch, so dass die Maschinen jetzt zweimotorig eingesetzt wurden, was leistungsmäßig sich in einer höheren Höchstgeschwindigkeit von 306 km/h bemerkbar machte. Auch die Steigleistung erhöhte sich auf 6,8 m/s. Die Reichweite erhöhte sich leicht auf 850 km.

Stinson Model A Kabine (Archiv: Eberhard Kranz)

Die Stinson Model A war in viele Unfälle verwickelt

Die Stinson A waren durchaus keine sicheren Maschinen, mindestens acht Exemplare gingen durch Unfälle verloren, wobei besonders die beiden Unfälle in Australien bekannt wurden, weil dabei Todesopfer zu beklagen waren. Der erste Unfall erfolgte am 19.02.1937 als die Maschine „City of Brisbane“ mit der Zulassung VH-UHH auf der Strecke Sydney nach Brisbane wegen technischer Probleme in unwegsamem Gelände notlanden musste. Dabei kamen die beiden Piloten und zwei der acht Passagiere um Leben. Ein weiterer Passagier kam beim Versuch Hilfe zu holen um.

Am  31.01.1945 stürzte die Maschine „Tokana“, eine der nun zweimotorigen Umbauten, mit der Zulassung VH-UYY auf dem Flug von Melbourne nach Kerang (Provinz Victoria) ab, nachdem sie in der Luft den linken Tragflügel verloren hatte. Alle 10 Insassen fanden dabei den Tod. Untersuchungen der Bruchstücke ergaben, dass die Stahlrohre, die die Holme bildeten, durch Materialermüdung einen Teil ihrer Festigkeit verloren hatten und in Verbindung mit den neuen, schwereren Motoren kam es zu einer Überlastung, die schließlich zum Bruch führte.

Daraufhin wurde der letzten noch vorhandenen Maschine sofort die Betriebserlaubnis entzogen und kurze Zeit später erfolgte die Verschrottung. Insgesamt hatte Stinson 35 Maschinen seines Models A gebaut, die aber schon bei ihrem Erscheinen veraltet waren und gegen die modernen Boeing 247 und Douglas DC-2 keine Chancen hatten. Mit dem Model A endete bei Stinson der Bau großer Verkehrsflugzeuge und man baute zukünftig nur noch einmotorige Leichtflugzeuge, die aber ausgesprochen erfolgreich waren. Eine 1947 in Alaska verunglückte Maschine wurde 1979 geborgen und im Alaska Aviation Heritage Museum bis 1988 wieder als statisches Ausstellungsstück aufgebaut. Heute ist diese Maschine im Greg Herricks Golden Wing Flying Museum in Minneapolis (Minnesota) zu besichtigen.

Stinson Model A (Foto: Yellowstone Aviation Stinson Model A Tri-motor)

Technische Daten Stinson Model A

Land: USA
Verwendung: Verkehrsflugzeug
Triebwerke: Drei luftgekühlte Neun- Zylinder –Sternmotoren Lycoming R-680-5 mit  festen Zweiblatt-Holz-Propellern Fairchild
Startleistung: Je  260 PS  (194 kW)
Dauerleistung: Je  225 PS (165 kW) in 3.600 m  
Besatzung: Zwei Piloten und ein Steward
Passagiere: 8-10
Erstflug: 27. April 1934
Baujahr: 1935

Abmessungen

Spannweite: 18,29 m

Länge: 11,22 m

größte Höhe: 3,51 m

Propellerdurchmesser: 2,60 m

Propellerfläche:  5,31 m²

Spannweite Höhenleitwerk: 6,50 m

größte Flügeltiefe Tragflächenmittelstück: 2,70 m

größte Flügeltiefe Außenflügel: 3,46 m

Flügeldicke Tragflächenmittelstück: 0,314 m

größte Flügeldicke Außenflügel: 0,54 m

größte Rumpfbreite: 1,96 m

größte Rumpfhöhe: 2,28 m

Passagierkabinenlänge: 4,33 m

Passagierkabinenhöhe: 1,82 m

Passagierkabinenbreite: 1, 66 m

Volumen Passagierkabine: 12,18 m³

Spurweite: 5,20 m

Radstand:  7,25 m

Flügelfläche: 46,50 m²

V-Form Außenflügel:  +7° 15’

Pfeilwinkel Tragflächenvorderkante Außenflügel: 13° 45’

Pfeilwinkel Tragflächenhinterkante Außenflügel: 4° 20’

Streckung: 7,19

Massen

Leermasse: 3.372 kg

Startmasse normal: 4.486 kg

Startmasse maximal: 4.636 kg

Tankinhalt: 984 Liter

Schmierstoff: 94,6 Liter

Flächenbelastung: 99,70 kg/m²

Leistungsbelastung: 6,31 kg/PS  (8,58 kg/kW)

Leistungen

Höchstgeschwindigkeit in Bodennähe: 280 km/h

Höchstgeschwindigkeit in 3.000 m: 292 km/h

Reisegeschwindigkeit in  1.800 m:  262 km/h

Reisegeschwindigkeit in 3.000 m: 270 km/h

Gipfelhöhe: 5.180 m

Steigleistung: 5,0 m/s

Steigzeit auf 1.000 m: 3min 20 sek

Steigzeit auf 3.000 m:  15 min

Reichweite normal: 790 km

Reichweite maximal:  880 km mit reduzierter Nutzlast

Flugdauer:  3 h

Startgeschwindigkeit: 95 km/h

Landegeschwindigkeit: 85 km/h

Startstrecke vollbeladen: 620 m

Landestrecke: 460 m

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