Hawker Henley

15.03.2017 EK
Hawker Henley
Hawker Henley (Archiv: Eberhard Kranz)

Die Hawker Henley war ein leichter Bomber, der trotz guten Flugleistungen nie zum Einsatz kam. Er wurde als Zielschlepper benutzt, blieb aber auch hier erfolglos.

Entwicklungsgeschichte der Hawker  Henley

Mit der Ausschreibung P.4/34 des Air Ministry vom Februar 1934 wurde ein leichter einmotoriger Tagbomber (das vorgestellte P der Ausschreibungsnummer und der Jahreszahl stand für leichtes Bombenflugzeug) gefordert. Die technischen Anforderungen waren hoch gesteckt, die Höchstgeschwindigkeit wurde mit 483 km/h, die Reichweite mit 1.500 km und die Gipfelhöhe mit 8.400m gefordert. Die Besatzung sollte aus zwei Mann bestehen und die Bombenlast mindestens 454 kg betragen. Als Bewaffnung waren vier 7,62 mm Maschinengewehre gefordert. Als Triebwerk sollte der wassergekühlte 12 Zylinder Reihenmotor Rolls Royce Merlin I mit einer Startleistung von 1.030 PS (757 kW) verwendet werden. Die Ausschreibungsunterlagen gingen an Fairey Aviation Company Ltd, Gloster Aircraft Company Ltd. und Hawker Aircraft Ltd. Fairey reichte seinen Entwurf P.4/34 ein und Hawker seinen Entwurf Henley. Gloster verzichtete auf die Abgabe eines Entwurfs. Die Ursache des Verzichts lag darin, daß die Hawker Aircraft Ltd. inzwischen die Gloster Aircraft Company Ltd. übernommen hatte. Nach Prüfung der eingereichten Unterlagen erteilte das Air Minstry im Herbst 1934 an beide Firmen einen Auftrag zum Bau von je zwei Prototypen. Bei Hawker beauftragte man Chefkonstrukteur Sydney Camm mit der Konstruktionsleitung. Dieser ging von der Annahme aus, daß das neue Flugzeug von seinen Abmaßen nicht größer werden sollte als die ebenfalls unter seiner Leitung in der Entwicklung befindliche Hurricane. So konnte man Konstruktionszeit einsparen, indem man schon fertige Lösungen der Hurricane, wie Tragflächen, Höhen- und Seitenleitwerk, sowie den Motoreinbau, beide Modelle sollten ja den Rolls Royce Merlin als Triebwerk erhalten, übernahm. So blieb eigentlich nur die Notwendigkeit, den Rumpf entsprechend der Aufgabenstellung neu zu konstruieren. Bereits Mitte 1935 war die Konstruktion abgeschlossen, da aber die Hurricane höchste Priorität genoss, mußte sich der Bau der beiden Prototypen der Henley zwangsläufig verzögern. Erst als der Erstflug der Hurricane am 6. November 1935 erfolgreich absolviert war und ab Anfang 1936 die Erprobung begann, hatte man wieder Zeit, sich den beiden bestellten Prototypen der Henley zu widmen. Trotzdem verging das ganze Jahr 1936 und erst im Januar 1937 konnte man mit der Bodenerprobung des ersten Prototyps beginnen.

Hawker Henley (Archiv: Eberhard Kranz)

Konstruktionsmerkmale der Hawker Henley

Die Henley war ein freitragender zweisitziger Mitteldecker mit Normalleitwerk in Gemischtbauweise. Das Spornfahrwerk war einziehbar. Der Rumpf bestand aus einem verschweißten Gerüst aus rechteckigen Stahlrohren, die durch Leichtmetall- Formleisten auf den ovalen Rumpfquerschnitt gebracht wurden. Die Motorverkleidung und der Vorderrumpf bis zum Kabinenende waren mit Leichtmetallblechen verkleidet, während der Hinterrumpf stoffbespannt war. Hinter dem Motorbrandschott aus 7,62 mm starkem Panzerstahl und dem ersten Kabinenspant, der unter anderem das Gerätebrett trug, waren ein Treibstofftank mit einem Fassungsvermögen von 127 Liter und der Kühlmitteltank mit einem Fassungsvermögen von 63,5 Litern eingebaut. Die Besatzung saß hintereinander, wobei der Funker und Bordschütze auf einem drehbaren Sitz saß und nur beim Bedienen des schwenkbaren 7,62 mm Maschinengewehrs Vickers 0.3, dem Piloten den Rücken kehrte. Der Munitionsvorrat für das Maschinengewehr betrug insgesamt 1.500 Schuß. Das Kabinendach konnte zum Öffnen auf zwei Schienen nach hinten über den Hinterrumpf geschoben werden. Der Einstieg in die Kabine erfolgte über die Tragflächen und einen einziehbaren Fußtritt. Für den Notfall war das Kabinendach abwerfbar. Der Motor, ein Rolls Royce Merlin I, war auf jeder Seite in zwei Motorträgern eingebaut, wobei er zur Schwingungsdämpfung auf Hartgummilagern ruhte. Die Kühlflüssigkeit bestand aus 100 Prozent Glykol. Der Motor war ein Vergasermotor mit je zwei Ein- und Auslassventilen pro Zylinder, wobei die Auslaßventile mit Natrium gefüllt waren. Jeweils zwei Zylinder hatten einen gemeinsamen Auspuff, als „Fischschwanz-Auspuff“ bezeichnet, wie er auch bei der Hurricane und der Spitfire zur Anwendung kam. Die Luftschraube war ein verstellbarer Dreiblatt-Metallpropeller der Firma Rotol mit konstanter Drehzahl. Der Kühler war als wuchtig dimensionierter Kinnkühler ausgeführt, der sich unter dem Rumpfvorderteil bestand. Die Größe war wegen des Kühlmediums Glykol notwendig. Die Tragfläche war wie bei der Hurricane dreiteilig aufgebaut und bestand aus einem Tragflächen-Mittelstück und zwei Außenflügeln. Bei den beiden Prototypen war nur das Tragflächenmittelstück eine Ganzmetallkonstruktion, während die Außenflügel stoffbespannt waren. Der Aufbau war zweiholmig, wobei die Holme des Tragflächen-Mittelstücks durch den Rumpf hindurch gingen und mit den Rumpfspanten einen robusten Verbund bildeten. Im Tragflächen-Mittelstück waren die beiden Tragflächentanks mit je 189 Litern Fassungsvermögen und je zwei 7,62 mm Maschinengewehre Vickers 0.3 mit je 500 Schuß Munition eingebaut. Holme und Rippen waren aus Leichtmetall und durch Stringer und Knotenbleche aus Leichtmetall zu einem stabilen Tragflächenkasten vereint. An den Kontaktstellen zwischen Tragflächen-Mittelstück und Außenflügeln waren an der Unterseite die beiden Bombenschlösser angebaut, die je eine 227 kg Sprengbombe tragen konnten. An den Außenflügeln waren die Querruder aus Leichtmetall angebaut, die über ein Gestänge mechanisch betätigt wurden. In jedem Außenflügel war ein Landescheinwerfer eingebaut. Von den Querrudern reichten bis an den Rumpfanschluß des Tragflächen-Mittelstücks als Spreizruder wirkende Landeklappen aus Leichtmetall. Das Seitenleitwerk war eine stoffbespannte Leichtmetallkonstruktion. Das Seitenruder war ebenfalls stoffbespannt und hatte eine verstellbare Trimmklappe aus Leichtmetall. Das obere Teil des Seitenruders war als Hornausgleich ausgebildet, wobei die Ausgleichsmasse sich im Inneren befand. Auf dem Hornausgleich war ein Antennenstummel angebaut, von dem das Antennenkabel zum Antennenmast auf dem Kabinendach führte. Oberhalb der Trimmklappe war das hintere Positionslicht angebracht. Das Höhenleitwerk war eine freitragende, zweiholmige Leichtmetallkonstruktion, die mit Stoff bespannt war. Die Höhenruder hatten ebenfalls einen Hornausgleich und verstellbare Trimmklappen aus Leichtmetall und starre Ausgleichsruder, ebenfalls aus Leichtmetall. Das Hauptfahrwerk war hydraulisch gedämpft und wurde hydraulisch in das Tragflächen-Mittelstück eingefahren, wobei die Fahrwerkschächte mit einer Klappe abgedeckt wurden, die sich außen am Fahrwerkbein befand. Etwa die Hälfte des Hauptrades war im eingefahrenen Zustand nicht durch Bleche abgedeckt. Die Haupträder wurden pneumatisch gebremst und waren mit Niederdruckreifen bestückt. Das ungebremste Spornrad war an einem Dowty Öldruckdämpfer aufgehängt und konnte bei den Prototypen nicht eingezogen werden. Es war drehbar gelagert und lief entsprechend den Steuerbewegungen des Flugzeugs am Boden einfach nach. Bei den Serienflugzeugen konnte das Spornrad dann hydraulisch in das Rumpfheck eingezogen werden.

Hawker Henley (Archiv: Eberhard Kranz)

Flugerprobung der Hawker Henley

Am 10. März 1937 startete er dann, als Henley I bezeichnet, zu seinem Erstflug. Als Triebwerk war ein Rolls Royce Merlin F mit einer Startleistung von 1.030 PS (757 kW) eingebaut worden. Der Merlin F hatte jedoch noch eine Menge Kinderkrankheiten, was dazu führte, daß nur insgesamt 172 Exemplare gebaut wurden, die meisten für die Fairey Battle. Nach verschiedenen Änderungen ging er 1937schließlich als Merlin I in die Serienfertigung. Noch während der Flugerprobung zeigte sich, daß die Henley über sehr gute Flugeigenschaften verfügte und alle Leistungen die Forderungen der Ausschreibung P.4/34 erfüllten und übertrafen. Nach der erfolgreichen Erprobung durch die Royal Air Force erhielt Hawker einen ersten Auftrag über 200 Maschinen.

Hawker Henley (Archiv: Eberhard Kranz)

Die Hawker Henley wurde schon früh zweckentfremdet

Während man bei Hawker die Serienfertigung vorbereitete und die Maschine entsprechend dafür modifizierte, so sollte sie jetzt Metalltragflächen erhalten, gab das Air Ministry bekannt, zukünftig auf leichte Bomber zu verzichten. Die im Serienbau befindlichen Fairey Battle sollten die letzten Flugzeuge dieser Art sein. Übrigens leitete Fairey aus den beiden Prototypen der Ausschreibung P.4/34 das trägergestützte zweisitzige Jagdflugzeug Fulmar ab, von dem 602 Exemplare gebaut wurden. Hawker erhielt vom Air Ministry die Weisung, die 200 bestellten Henley jetzt als Zielschleppflugzeuge umzubauen und auszuliefern. Die Serienfertigung lief bei der Gloster Aircraft Company Ltd. Dort baute man eine vom Propeller getriebene Winde ein, mit der das Windsackschleppkabel nach den Luft-Luft-Zielflügen eingeholt werden konnte. Gleichzeitig baute man die Bewaffnung komplett aus und der Funker und Bordschütze bekam die Aufgabe, die Winde, an der das Schleppziel hing, zu betätigen. Diese Serienmaschinen erhielten die Bezeichnung Henley III und wurden an die Bombing and Gunnery Schools Nr.1, 5 und 10 ausgeliefert. Außerdem erhielten die Gunnery Schools in Barrow, Millom und Squire Gate die neuen Maschinen. Bald aber kam es beim Einsatz zu einer Reihe von Unfällen, die mit Totalverlusten endeten. Es stellte sich heraus, daß während des Schleppbetriebs der Motor überhitzte und es zu Kolbenfressern und Kurbelwellenbrüchen kam. Die havarierten Maschinen konnten von der Besatzung dann nicht schnell genug von dem Schleppziel abgekoppelt werden, so daß es zum Absturz kam. Auch durch eine Reduzierung der Schleppgeschwindigkeit ließ sich das Problem nicht beheben. Zuletzt betrug die erlaubte Schleppgeschwindigkeit nur noch 200 km/h, was für die Ausbildung von zukünftigen Jagdfliegern völlig unrealistisch war. Deshalb setzte man ab Mitte 1940 die verbliebenen Maschinen zur Ausbildung von Flugabwehreinheiten ein. Dort sollten die Henley große Zielwindsäcke schleppen. Die Anzahl der Motorausfälle nahm aber stetig zu, so daß man die Henley Ende 1941 komplett außer Dienst stellte. Als Schleppflugzeuge setzte man ab Januar 1942, bis die als Schleppflugzeug entwickelte Miles M.25 Martinet einsatzfähig war, umgebaute Boulton Paul P.82 Defidant ein.

Hawker Henley (Archiv: Eberhard Kranz)

Technische Daten: Henley Mk.III

Land: Großbritannien
Verwendung: leichtes Bombenflugzeug, Schleppflugzeug für Luftziele

Triebwerk: ein wassergekühlter stehender 12 Zylinder V Reihenmotor Rolls Royce Merlin I mit  verstellbaren Dreiblatt-Metall-Propeller „Rotol“
Startleistung:  1.030 PS  (757 kW)
Dauerleistung:  je 880 PS (647 kW) in 4.400 m  

Baujahr: 1937
Erstflug: 10. März 1937
Besatzung: 2 Mann

Abmessungen:

Spannweite: 14,59 m

Spannweite Flügel-Mittelstück: 5,20 m

Länge: 11,10 m

größte Höhe: 4,46 m

Spannweite Höhenleitwerk: 4,28 m

maximale Rumpfbreite: 1,26 m

maximale Rumpfhöhe: 2,18 m

maximale Flügeltiefe: 3,27 m

Propellerdurchmesser: 3,60 m

Propellerfläche: 10,18 m²

Spurweite: 3,61m

Radstand: 6,70 m

Flügelfläche: 31,77 m²

V-Form:  Innenflügel +1°

V-Form: Außenflügel +5°

Pfeilung vordere Flügelkante: 3°40’

Streckung: 6,70

Massen:

Leermasse: 2.725 kg

Startmasse normal: 3.620 kg

Startmasse maximal: 3.845 kg

Tankinhalt: 505 Liter

Schmierstoff: 56 Liter

Flächenbelastung: 121,0 kg/m²

Leistungsbelastung: 3,73 kg/PS  (5,07 kg/kW)

Leistungen:

Höchstgeschwindigkeit in Bodennähe: 422 km/h

Höchstgeschwindigkeit in 5.300 m: 438 km/h

Reisegeschwindigkeit in  4.500 m:  378 km/h

wirtschaftlichste Reisegeschwindigkeit: 322 km/h

Schleppgeschwindigkeit: 344 km/h

Gipfelhöhe: 8.230 m

Steigleistung:  5,7 m/s

Steigzeit auf 1.000 m: 3,0 min

Steigzeit auf 4.000 m:  13,5 min

Reichweite normal: 880 km

Reichweite maximal:  1.230 km

Flugdauer:  2,5 h

Startstrecke: 520 m

Landestrecke: 330 m

Bewaffnung: ursprünglich fünf 7,62 mm Maschinengewehre Vickers 0.3 mit je 500 Schuß         als Schleppflugzeug ohne Bewaffnung

Bombenlast:  maximal 454 kg als Schleppflugzeug keine Bombenlast

Text Eberhard Kranz

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