Focke Wulf Fw 189 Uhu

23.12.2017 EK
Focke Wulf Fw 189 Uhu
Focke Wulf Fw 189 Uhu (Archiv: Eberhard Kranz)

Entwicklungsgeschichte Focke Wulf Fw 189 Uhu

Im Februar 1937 forderte das Technische Amt im Reichsluftfahrtministerium in einer Ausschreibung die Entwicklung eines dreisitzigen Mehrzweckflugzeuges, dessen Hauptverwendung als Aufklärer bestimmt war, aber auch die Einsatzmöglichkeit als Infanterie-Unterstützungsflugzeug mit einschloss. Hauptforderungen waren beste Rundsicht, Robustheit und gute Flugeigenschaften bei hohen Flugleistungen. Das neue Flugzeug war als mittelfristiger Ersatz für die Henschel Hs 126, die erst im Herbst 1936 ihren Erstflug absolviert hatte und gerade vor der Einführung in die Nahaufklärungsverbände der Luftwaffe stand, gedacht. Die Nahaufklärer-Verbände der Luftwaffe wollten aber eigentlich gar kein neues Flugzeug, da man mit der eben eingeführten Henschel Hs 126 sehr zufrieden war. Trotzdem entschied das Technische Amt, die Ausschreibung, auch gegen den Willen der Luftwaffe, zu starten. Die Ausschreibung ging an Arado, Blohm & Voss und Focke Wulf. Die Firmen waren aufgefordert, ihre entsprechenden Vorschläge bis Ende September 1937 einzureichen. Arado reichte seinen Entwurf Ar 198 ein, ein konventioneller einmotoriger Schulterdecker in Ganzmetallbauweise mit festem Heckradfahrwerk. Die Besonderheit lag in dem großzügig verglasten Beobachterraum, der am Rumpfboden als eine Art Wanne angebaut war und eine weite, nach allen Seiten freie, nur vom Horizont begrenzte Bodensicht bot.

Blohm & Voss reichte einen unkonventionellen Entwurf, die BV 141, ein, einen asymmetrischen einmotorigen Mitteldecker in Ganzmetallbauweise. Der linke Flügel trug den Rumpf als Leitwerksträger und den Motor, während auf dem rechten Flügel die umfassend verglaste Vollsichtkanzel saß. Das Fahrwerk war ein einziehbares Heckradfahrwerk. Sofort nach Erhalt der Ausschreibung beauftragte Chefkonstrukteur Kurt Tank Dipl.-Ing. E. Kosel mit der Bearbeitung des Projekts. Gemeinsam entwickelten sie die Idee eines gänzlich neuartigen Flugzeugs mit einer Vollsichtkanzel, die sie von Anfang an für absolut notwendig erachteten. Der Entwurf sah schließlich einen zweimotorigen Tiefdecker in Ganzmetallbauweise mit einziehbarem Heckradfahrwerk als Doppelrumpfflugzeug vor, dessen verlängerte Triebwerksgondeln als Leitwerksträger dienten. Die Höhenruderflosse verband die beiden Leitwerksträger. Die Vollsichtkanzel, die sich zwischen den beiden Motoren befand, nahm die dreiköpfige Besatzung auf, die nach vorn und unten eine freie Sicht bot und nach hinten ein fast freies Schussfeld für die Abwehr. Die Erweiterung der Grundidee umfaßte die Entwicklung verschiedener Rumpfgondeln, die austauschbar auf das Tragflächenmittelstück montiert werden sollten. Dadurch hätte man die Maschine auch als Erdkampfflugzeug, als Schulflugzeug, als Sanitätsflugzeug und als Infanterieunterstützungsflugzeug einsetzen können. Bei der Überprüfung der drei eingereichten Vorschläge war sich das Technische Amt absolut unschlüssig, welche Maschine nun den Zuschlag bekommen sollte. Favorit war die konventionelle Arado Ar 198, die aber im Vergleich zur Henschel Hs 126, die sie eigentlich ersetzen sollte, leistungsmäßig auf deren Niveau lag, so war die Höchstgeschwindigkeit nahezu gleich (Hs 126: 355 km/h, Ar 198: 359 km/h), lediglich bei der Reichweite war die Ar 198 deutlich überlegen (Hs 126: 560 km, Ar 198: 1.070 km). Also entschied der Generalluftzeugmeister Ernst Udet, von jedem Entwurf drei Prototypen bauen zu lassen. In einem Vergleichsfliegen sollte dann die am besten geeignete Maschine ermittelt werden. Besonderes Interesse zeigte Udet an der asymmetrischen BV 141 von Richard Vogt. Er wollte einfach wissen, ob und wie ein solches Flugzeug fliegen würde. Deshalb erhielt der Hamburger Flugzeugbau ebenfalls einen Auftrag zum Bau dreier Prototypen.

Focke Wulf Fw 189 Uhu (Archiv: Eberhard Kranz)

Entwicklung der Focke Wulf Fw 189 Uhu

Sofort nach Erhalt des Auftrags über die drei Prototypen begann man bei Focke Wulf unter der Leitung von E. Kosel mit Hochdruck an der Fw 189 zu arbeiten. Als Antrieb sollten die neuen, luftgekühlten hängenden 12-Zylinder –Reihenmotoren Argus As 410 A-1 mit einer Startleistung von 465 PS (342 kW) verwendet werden. Diese Motoren mit einem Gesamthubraum von 12 Litern und einem Einbaugewicht von nur 336 kg hatten eine geringe Stirnfläche und waren durch die Luftkühlung wesentlich unempfindlicher gegen Beschußschäden, für ein Aufklärungs- und geplantes Erdkampfflugzeug ein ganz wesentlicher Fakt. Außerdem begnügten sich die Motoren mit niedrig-oktanigem Treibstoff von 87 Oktan, später zeigte sich, daß sie sogar mit 80 Oktan noch problemlos liefen. Auf Wunsch des RLM wurden zwei völlig unterschiedliche Rumpfgondeln entwickelt, die für die Fw 189 V1 vorgesehene Erdkämpfer- und die für die V2 vorgesehene Aufklärerausführung. Es ist bis heute nicht eindeutig geklärt, ob die V1 ursprünglich als Schlachtflugzeug geplant war, weil eine ganze Reihe von Fotos existieren, die diese Ausführung zeigen. Kurt Tank hat diese Interpretation später nach dem Krieg heftig abgestritten, denn er hätte ein Schlachtflugzeug gänzlich anders ausgelegt. Die Sicht aus dem gepanzerten Cockpit war nämlich so schlecht, daß er diese Maschine, die er selbst geflogen hatte, nie für den Serienbau akzeptiert hätte. Auch Flugkapitän Hans Sander, der nach den ersten Flügen Kurt Tanks dann die Fw 189 bis zum Serienreife betreute, erinnert sich, daß die Fw 189 ausschließlich als Aufklärer ausgelegt war und die gepanzerte Rumpfgondel nur für Versuche entwickelt worden wäre. Erstaunlich war allerdings, daß man für solche Versuche den ersten Prototyp verwendete, denn dieser sollte eigentlich zielführend zu der späteren Serienausführung erprobt und entsprechend geändert werden. Die Schlachtausführung verschwand auch bald in der Schublade und das Technische Amt entschied sich für die Henschel Hs 129, die speziell für diese Verwendung entwickelt worden war. Wahrscheinlich wollte man nur testen, ob man mit einem Flugzeugtyp beide Aufgaben abdecken könnte. Später, Anfang 1940, wurde dann doch noch einmal mit einer  Ausführung als Schlachtflugzeug, der Fw 189 C-0, experimentiert.

Focke Wulf Fw 189 Uhu (Archiv: Eberhard Kranz)

Hauptkonstruktionsmerkmale der Focke Wulf Fw 189 Uhu

Die Rumpfgondel mit rechteckigem Querschnitt mit abgerundeten Ecken, der zum Heck hin in einen kreisrunden Konus ausläuft, war eine Ganzmetallkonstruktion in Schalenbauweise. Die Gondel bestand zum größten Teil aus Plexiglasscheiben, wobei die Scheiben im vorderen Bereich plan waren, um eine Verzerrung der Sicht zu vermeiden, auch waren die planen Scheiben bei Regen deutlich besser, die Sicht wurde durch sie nicht beeinträchtigt. Die Scheiben im hinteren Teil der Gondel und der Heckkonus waren gewölbt. Die Gondel konnte von beiden Seiten über das Tragflächenmittelstück erreicht werden. Der Einstieg erfolgte über die nach oben klappbare Seitenverglasung. Der Innenraum bot der dreiköpfigen Besatzung ausreichend Platz. Der Pilot saß links ziemlich weit vorn, folglich waren auch alle wichtigen Kontrollinstrumente links angebracht. Die Flugüberwachungsgeräte waren in Augenhöhe in einer Reihe auf einer Konsole, die über die ganze Breite des Cockpits reichte, untergebracht. Der Magnetkompass und die Drehzahlanzeiger für beide Motoren befanden sich zwischen den Füßen des Piloten, genau vor dem Steuerhorn platziert. Der über dem Sitz des Piloten verlaufende Kabinenspant war verstärkt und diente als Überrollbügel. Gleichzeitig war an ihm die Dose für den Stecker des Funkgeräts angebracht. Als Funkgerät diente ein FuG 17, ein UKW Gerät für bordeigenen Sprechfunk und Bord-Boden Verbindung. Der Antennenmast war am Boden der Vollsichtkanzel nach unten angebracht. Des Weiteren waren eine G5 Peil- und Zielfluganlage und ein Freund-Feind-Kenngerät FuG 25a vorhanden. Die Bedienung des Funkgerätes mußte der an sich schon überlastete Beobachter/Navigator übernehmen. Auf der rechten Rumpfseite gegen den Sitz des Piloten etwas nach hinten versetzt, war der Platz des Beobachters, der gleichzeitig auch als Navigator fungierte. Mit dem Blick nach vorn, konnte er die Kamera in der Bodenwanne, entweder eine RB20/30, eine RB 50/30, eine RB 21/18 oder eine RB 15/18 Reihenluftbildkamera, oder das Bombenvisier GV 219d bedienen. Die eingebaute Reihenbildkamera wurde durch einen Elektromotor mit stufenloser Drehzahlreglung angetrieben. Mit seiner Handkamera war es ihm außerdem möglich, durch die plane Kabinenverglasung Bilder nach vorn oder schräg nach unten aufzunehmen. Der Sitz war drehbar, so daß er bei Angriffen feindlicher Flugzeuge das im oberen Gefechtsstand (B-Stand) in einer großen Linsenlafette befindliche 7,92 mm MG 15 bedienen konnte. Der Munitionsvorrat betrug 10 Trommeln mit je 75 Schuss. Das dritte Besatzungsmitglied, als offiziell als Bordmechaniker bezeichnet, lag auf einer am Boden des Gondelhecks befindlichen gepolsterten Matte und hatte die Aufgabe den rückwärtigen Luft- und Bodenraum zu beobachten und das im C-Stand im Heck befindliche schwenkbare 7,92 mm MG 15 zu bedienen. Um das Schussfeld zu öffnen, war der Heckkonus aus Plexiglas mittels eines Elektromotors drehbar angebracht. Um nicht in die Leitwerksträger zu schießen, hatte das MG 15 Begrenzungsbögen aus Stahlrohr die das Schussfeld bestimmten. Der Tragflügel in Ganzmetallbauweise war dreiteilig aufgebaut. Ein rechteckiges Tragflächenmittelstück verband die beiden Leitwerksträger und trug die Vollsichtkanzel. Der Aufbau des Tragflächenmittelstücks war dreiholmig, wobei der Nasenholm alle elektrischen und Hydraulikleitungen trug. An der Hinterkante befand sich eine durchgehende Landeklappe, als Spreizklappe ausgeführt, die elektrisch betätigt wurde. Sie war eine mit Leichtmetallblechen verkleidete Ganzmetallkonstruktion. Der Hauptholm ging durch die Rumpfgondel hindurch und bildete mit dem Hauptspant mittels Knotenblechen verbunden, einen festen Verband, der starke Kräfte aufnehmen konnte. In den Flügelwurzeln war auf jeder Seite ein starr nach vorn feuerndes 7,92 mm MG 17 eingebaut. Die Munitionszuführung erfolgte über Gurte. Der Munitionsvorrat betrug 1.000 Schuss pro Waffe. Bedient wurden die beiden Maschinengewehre vom Piloten, der über ein Ringvisier das Ziel erfasste. Im Tragflächenmittelstück waren auf der Backbordseite zwei 2 Liter Sauerstoffflaschen für den Piloten und auf der Steuerbordseite zwei 4 Liter Sauerstoffflaschen für Beobachter und Heckschützen untergebracht. Die Außenflügel, ebenfalls dreiholmig ausgeführt, mit leichter V-Stellung waren Ganzmetallkonstruktionen mit trapezförmigem Grundriß und hatten abnehmbare Vorder- und Hinterkanten und waren selbst komplett abnehmbar. Sie waren direkt an die Aufnahmen an den Leitwerksträgern geschraubt. Die Oberflächenbleche waren mit Senknieten befestigt, was die aerodynamische Qualität des Flugzeuges deutlich erhöhte. An der Hinterkante der Außenflügel befanden sich die stoffbespannten Querruder und zwischen Querruder und Leitwerksträger elektrisch betätigte Spreizklappen, die ebenfalls stoffbespannte Leichtmetallkonstruktionen waren. Alle Ruder, auch die Seitenruder, waren aerodynamisch und gewichtsmäßig ausgeglichen und besaßen elektrisch verstellbare Trimmklappen aus Leichtmetall. An den Flügelunterseiten waren vier ETC 50/VIII Träger angebracht, die je eine 50 kg tragen konnten. An den beiden äußeren Trägern konnten auch zwei Nebelgeräte S 125 angebracht werden. Die beiden Leitwerksträger mit quadratischem Querschnitt mit abgerundeten Ecken waren Ganzmetallkonstruktionen, die vorn die beiden Motoren trugen und hinten die Seitenleitwerksflossen. Die rechteckige Höhenleitwerksflosse aus Ganzmetall verband die beiden Leitwerksträger und dadurch bildete sich ein extrem stabiler Verbund, der beim späteren Kriegseinsatz viele Beschußschäden, selbst durch großkalibrige Flakgeschütze, wegsteckte. Die beiden Leitwerksträger konnten gegeneinander ausgetauscht werden. Die Argus As 410 A-1 Motoren befanden sich komplett vor der Vorderkante des Tragflächenmittelstücks. Die Motoraufhängungen waren aus Elektron gegossen. Unter dem Motor befand sich der Ölkühler, der seine Kühlluft durch zwei, neben der großen Einlauföffnung für die Motorkühlluft liegenden dreieckigen Öffnungen erhielt. Hinter dem Motor befand sich das Brandschott aus Stahlblech, dann folgte der Öltank mit einem Fassungsvermögen von 45 Litern. Es folgte der Fahrwerkschacht der das Hauptfahrwerk, das hydraulisch ein- und ausgefahren wurde, aufnahm. Der Fahrwerkschacht war durch zwei ebenfalls hydraulisch betätigten Klappen aus Leichtmetall im Flug komplett verschlossen. Hinter dem Fahrwerkschacht folgte der Kraftstofftank, bei den Prototypen und der Nullserie mit einem Volumen von nur 110 Litern. Später bei den Serienmaschinen ab Fw189 A-1 auf 225 Liter vergrößert. Nach dem Kraftstofftank baute man in den linken Leitwerksträger den Mutterkompass, der sich in einem, innen mit Gummi ausgekleideten und von Außen über eine Klappe zu öffnenden separaten Raum befand, ein. Die Seitenflossen als Ganzmetallkonstruktionen ausgeführt, trugen die Seitenruder, die mit Stoff bespannt waren. Die Seitenruder verfügten über eine Trimmklappe, die elektrisch verstellt werden konnte. Unten, wo das Seitenruder an der Flosse angeschlagen war, hatte die Flosse eine Ausbuchtung, die bei Notlandungen, wenn das Spornrad sich nicht mehr ausfahren ließ, dem Schutz des Leitwerksträgers diente. Das Höhenleitwerk war eine zweiholmige, rechteckige Ganzmetallkonstruktion, die oberhalb der Leitwerksträger, die beiden Seitenleitwerksflossen zu einem stabilen Rahmen verband. In der Mitte des durchgehenden Höhenruders befand sich eine Trimmklappe aus Leichtmetall, die ebenfalls elektrisch betätigt werden konnte. Das Höhenruder war eine stoffbespannte Leichtmetallkonstruktion. In der Unterseite des Höhenleitwerks befand sich der Aufnahmeschacht für das einziehbare Spornrad, das nach Backbord hydraulisch eingeklappt wurde. Im ausgefahrenen Zustand wurde es durch vorgespannte Gummi-Federpakete in seiner Lage stabilisiert. Es war hydraulisch gedämpft und lenkbar, allerdings war es ungebremst. Die Einziehhydraulik war mit der des Hauptfahrwerks verbunden, so dass beim Betätigen des Fahrwerkhebels, gleichzeitig mit dem Hauptfahrwerk auch das Spornrad aus- oder eingefahren wurde. Die Geschwindigkeit des Flugzeuges mußte für das Ein- und Ausfahren des Fahrwerks unter 160 km/h liegen, sonst schaffte es die Hydraulik nicht, den Luftwiderstand zu überwinden. Für das Spornrad traf dies nicht zu, es fiel durch sein Eigengewicht aus dem Lager und wurde durch die Gummi-Federpakete stabilisiert. Das Hauptfahrwerk war bei den ersten Prototypen noch als Einbeinfahrwerk, ähnlich dem der Messerschmitt Bf 110, ausgeführt. Schon bald änderte man es auf ein sogenanntes Schwingfahrwerk. Dieses hatte H-förmige Schwinggabeln mit Zwillingsstoßdämpfern mit einem sehr langen Federweg und war typisch für Focke Wulf Flugzeuge dieser Zeit, wie zum Beispiel bei der Fw 57, der Fw 58, der Fw 187 oder der Fw 200.

Focke Wulf Fw 189 Uhu in Russland (Archiv: Eberhard Kranz)

Die Focke Wulf Fw 189 geht in die Erprobung

Anfang Juli 1938 war die Fw 189 V1 fertiggestellt und konnte mit der Bodenerprobung beginnen. Die Maschine erhielt die zivile Kennung D-OPVN und Mitte Juli 1938 startete Kurt Tank zum Erstflug in Bremen. Tank bezeichnete die Fw 189 mit dem Eigennamen Eule, der setzte sich aber nicht durch und es blieb beim RLM Namen Uhu. Anfangs gab es durch plötzliches Durchsacken bei der Landung Probleme. Als Ursache erkannte man bald ein Abreißen der Strömung zwischen Rumpf und Leitwerksträgern. Der Aerodynamiker Ing. Mathias schlug daraufhin eine stärkere Krümmung der Profilnase vor, was die Probleme mit einem Schlag löste. Die Fw 189 war kunstflugtauglich und Kurt Tank flog vor der versammelten Erprobungsmannschaft Loopings, Rollen und Turns, brachte die Maschine ins Trudeln und leitete sie einwandfrei wieder heraus. Allerdings war das große Flugzeug mit den beiden Argus As 410 eigentlich untermotorisiert, was sich bei der Wendigkeit und Höchstgeschwindigkeit in Bodennähe bemerkbar machte. Bereits im August 1938 war der zweite Prototyp mit dem zivilen Kennzeichen D-OVHD fertiggestellt und Flugzeugbaumeister Hans Sander übernahm die Flugzeuge, zu denen bald noch die V3, als Musterflugzeug für die geplante A-Serie stieß, zur weiteren Erprobung, die sehr zufriedenstellend verlief. Die V3 hatte als erstes Flugzeug die automatisch verstellbaren Argus Luftschrauben erhalten. Als Ergebnis der Erprobung orderte das Technische Amt noch vier weitere Versuchsmuster. Die V4 entsprach der V3 und war als Aufklärer ausgelegt, die V5 war der Prototyp einer B-Serie als Schulflugzeug mit Doppelsteuer, die V6 war ein stark gepanzertes Erdkampfflugzeug und die V7 sollte zu Versuchszwecken mit Schwimmern ausgestattet werden.

Focke Wulf Fw 189 Uhu A0 (Archiv: Eberhard Kranz)

Focke Wulf Fw 189 Uhu geht in Serienproduktion

Im Sommer 1940 bestellte das RLM schließlich eine Nullserie von 10 Maschinen Fw 189 A-0 für die Truppenerprobung. Inzwischen hatte aber der Krieg 1940 in Nord- und Westeuropa die Schwachstellen der Henschel Hs 126 schonungslos aufgedeckt, wie hohe Beschußempfindlichkeit, mangelnde Wendigkeit und zu geringe Höchstgeschwindigkeit.  So bekam der Ersatz durch die Fw 189 plötzlich eine hohe Dringlichkeit und das Technische Amt drängte auf den Beginn der Serienfertigung der Fw 189 A-1. Für die operative Aufklärung wurden nämlich den Heeresgruppen, später auch den Panzerdivisionen, Aufklärungsstaffeln mit je 12 Flugzeugen zur taktischen und Gefechtsfeldaufklärung beigestellt. Diese übermittelten ihre Aufklärungsergebnisse den Korps und Panzerdivisionen. Aus Flugzeugmangel reduzierte man die Anzahl der Flugzeuge allerdings bald von zwölf auf sechs. Die als F oder H Staffeln bezeichneten Heeresaufklärungsgruppen hatten eine Sollstärke von 20 Offizieren, darunter ein Sanitätsoffizier, 340 Unteroffiziere und Mannschaften sowie 64 Kraftfahrzeuge. In Bremen war man aber mit der Erprobung und der Vorbereitung der Fertigung der Fw 190 mehr als überlastet, dazu kamen noch die Fertigung der Fw56, Fw 58 und Fw 200, sowie die Entwicklung der Fw 191, deren Konstruktion im Frühjahr 1940 begonnen hatte. Also baute man eine zweite Fertigungsstraße bei Aero Tovarna Letadel Dr. Kabes in Prag-Vyso?any auf, um die geforderte Steigerung der Produktion zu gewährleisten, so daß 1941 99 Fw 189 aus Bremen kamen, aber aus der tschechischen Fertigung in Prag bereits 151 Exemplare. Mit dem Beginn des Einmarsches in die Sowjetunion stieg der Bedarf an dem wendigen Nahaufklärer, dem Auge des Heeres, weiter stark an, so daß man im Reichsministerium für Bewaffnung und Munition entschied, für die Fertigung der Fw 189 auch die französische Luftfahrtindustrie einzuspannen. Zu diesem Zweck wurde die Fertigungsstraße in Bremen abgebaut und nach Bordeaux und Mérignac gebracht. Bréguet stellte im Werk Bayonne die äußeren Tragflächen her, SNCASO produzierte in seinen verschiedenen Werken die anderen Hauptbaugruppen, das Tragflächenmittelstück und die Rumpfgondel in Bordeaux-Bacalan, die Leitwerksträger und das gesamte Leitwerk in Rocheford, Fahrwerk und Ausrüstungen kamen aus Bordeaux-Bégles. Die Endmontage einschließlich der Abnahmeflüge erfolgte von deutschem Personal ausgeführt, in Bordeaux-Méignac. Die monatliche Ausbringrate lag bei 20 Maschinen. Um bei einem eventuellen Engpaß bei der Motorenversorgung vorzubeugen, rüstete man in Bordeaux-Méignac eine serienmäßige Fw 189 A-1 mit zwei vorrätigen luftgekühlten 14 Zylinder Doppelsternmotoren Gnôme Rhône 14 M mit einer Startleistung von je 700 PS (515 kW) bei 3.030 U/min aus. Die Ausführung bekam die Bezeichnung Fw 189E, ging aber nach dem Verlust des Prototyps nicht in Serie. Es wurde lediglich noch eine zweite Fw 189 A-1 umgerüstet. Dieses Exemplar benutzte später Feldmarschall Kesselring als Kurierflugzeug. Ende 1941 wurde die Fertigung auf die überarbeitete Ausführung Fw 189 A-2 umgestellt. Die Hauptunterscheidung lag im Austausch der bisher verwendeten Abwehrwaffen MG 15 gegen doppelläufige 7,92 mm Maschinengewehre MG 81Z, was eine deutliche Erhöhung der Abwehrkraft bedeutete. Eine kleine Serie, 18 Exemplare, wurde für den Einsatz beim Afrikakorps in der Tropenversion Fw189 a-2 Trop. umgerüstet (Sandfilter und Notausrüstung).

Focke Wulf Fw 189 Uhu V6 (Archiv: Eberhard Kranz)

Ab 1942 wurde verbesserte Fw 189 gebaut

Ende 1941 begann die Serienfertigung einer Kleinserie der Fw189 A-3, einer Schulversion mit Doppelsteuer, die weitestgehend der Fw 189 B entsprach. Die gefertigte Stückzahl lag unter 20 Exemplaren. Ab Januar 1942 lief die Fw 189 A-4 vom Band, die  durch eine verstärkte Panzerung und den Austausch der starren Flügelwaffen MG 17 gegen 20 mm Maschinenkanonen MG FF der geänderten Kriegslage Rechnung trug. Auf die Forderung nach höherer Leistung entwickelte man bei Argus den As 402, ebenfalls einen luftgekühlten hängenden 12 Zylinder-Reihenmotor mit einem auf 16, 2 Liter vergrößerten Hubraum, der eine Startleistung von 900 PS (662 kW) bei 3.000 U/min abgab. Damit hätte Fw 189 G, für die dieser Motor vorgesehen war, eine Höchstgeschwindigkeit von 435 km/h in 4.500 m erreicht. Doch scheiterte der Serienbau des Argus As 402, von dem Focke Wulf nur einzelne Versuchsmuster erhielt, und damit auch die Fertigung der Fw 189 G. Die letzte Serienausführung war die Fw 189 F-1, die Ende 1943 in Bordeaux-Méignac zu ihrem Erstflug startete. Es war eine überarbeitete Fw 189 G, die als Triebwerke den Argus As 411, ebenfalls luftgekühlte hängende 12 Zylinder-Motoren erhielt, die eine Startleistung von 575 PS (423 kW) bei 3.400 U/min abgaben. Die Serienfertigung lief noch im Mai 1944 an, auf Grund der Kriegslage wurden nur noch 17 Maschinen fertiggestellt. Außerdem hatte die Fw 189 ab 1944 als Nahaufklärer über dem Gefechtsfeld keine realistische Überlebenschance mehr, selbst an der Ostfront, wo die rote Luftflotte mittlerweile die Luftüberlegenheit besaß, konnten Aufklärungsflüge nur noch mit Jagdschutz durchgeführt werden. Deshalb begann man ab Anfang 1944 die Nahaufklärungsverbände systematisch auf die Messerschmitt Bf 109 G-2 als sogenannter Jagdaufklärer umzurüsten. Die letzten Fw 189 versuchte man noch als Nachtjäger umzubauen, eine reine Verzweiflungstat.

Focke Wulf Fw 189 Uhu Cockpit (Archiv: Eberhard Kranz)

Die Fw 189 war ein erfolgreicher Aufklärer

Insgesamt wurden von 1940 bis 1944 846 Focke Wulf Fw 189 gefertigt, die vornehmlich als Aufklärer, aber auch als Schul-, Sanitäts- oder Reiseflugzeuge verwendet wurden. So benutzte Kurt Tank, der bis zum Beginn des Krieges eine Fw 58 Weihe als private Reisemaschine benutzt hatte, später eine schnellere und besser bewaffnete Fw 189 A-2, die er auch selbst flog. 1992 fand man die nach 52 Jahren noch gut erhaltenen Reste einer Fw 189 A-3 südlich von Murmansk. Die Maschine war am 4. Mai 1943 bei einem Aufklärungsflug von feindlichen Jägern verfolgt worden, dabei hatte sie im Tiefstflug Baumkontakt und stürzte ab.  Die Maschine mit der Werknummer 0112100 war bei Aero 1941 gefertigt worden. Der Engländer Jim Pearce (1929-2017) ließ die Reste durch ein russisches Team bergen und bei Southeby zu einem Mindestgebot von 30.000 Pfund anbieten. Da es aber kein Gebot gab, gründete man die Fw 189 Restoration Society, die Restaurierung übernahm. Auch der damals überlebende Pilot Lothar Mothes konnte „seine“ Fw 189 A-3 (V7+1H) noch besichtigen. Nach mehreren Eigentümerwechseln ist die Maschine nun Eigentum der Flying Heritage in Seattle, wo sie weiter restauriert und in einen flugfähigen Zustand versetzt werden soll.

Focke Wulf Fw 189 Uhu A2 (Archiv: Eberhard Kranz)

Baureihen der Fw 189:

  • Prototypen und Versuchsmuster: Fw 189 V1-V7
  • Fw 189 A-0:10 Maschinen als Vorserienmodelle gefertigt mit Argus As 410A-0 Triebwerken und automatischen Argus Verstell-Luftschrauben
  • Fw 189 A-1 erste Serienausführung
  • Fw 189 A-2 Serienausführung mit verstärkter Bewaffnung. 1945 versuchte man die Maschinen zu einem improvisierten Nachtjäger umzubauen, indem man im Rumpfbug ein FuG 212 Liechtenstein C-2 Radargerät einbaute und im B-Stand eine 15 mm  Maschinenkanone MG 151 mit 200 Schuß als schräge Musik, nach vorn schräg oben  feuernd, einbaute. Diese so umgebaute Handvoll von Maschinen flogen 1945 beim Nachtjagdgeschwader NJG 100 von Greifswald aus. Über Erfolge ist nichts bekannt.
  • Fw 189 A-2 Trop. Ausführung mit Sandfiltern und Tropennotausrüstung für den Einsatz in Nordafrika. 18 Exemplare gefertigt.
  • Fw 189 A-3 Schulflugzeug mit Doppelsteuer und reduzierter Bewaffnung
  • Fw 189 A-4: ab 1942 in Serie gebaut, stärkere Panzerung und weiter verstärkter Bewaffnung
  • Fw 189 B: Übungsflugzeuge mit Doppelsteuer ohne Bewaffnung und mit Blech verkleidetem unteren Teil der Rumpfgondel  3 Maschinen  Fw 189 B-0 und 10  Fw 189 B-1 gebaut
  • Fw 189 C: geplante Ausführung als Schlachtflugzeug. Zu diesem Zweck erhielt die V1 eine extrem kleine Kabine, stark gepanzerte Kabine für zwei Mann Besatzung. Die Bewaffnung sollte verstärkt werden. Die Sicht nach vorn erfolgte nur durch einen schmalen Schlitz, dessen Sichtfenster aus 80 mm Panzerglas bestand. Eine seitliche Sicht war nicht vorhanden. Der Bordschütze, der das MG 15 im B-Stand bedienen sollte, hatte ebenfalls nur einen Sehschlitz. Der Einstieg erfolgte von oben durch eine aufklappbare Panzerluke. Es wurden zwei Varianten erprobt, die V1a und V1b, aber beide verworfen, da das Monstrum im Prinzip ohne Sicht geflogen werden mußte. Es gab noch einen dritten Versuch, einen Erdkämpfer aus der Fw 189 abzuleiten, indem man die V6  entsprechend auslegte. Die Rumpfgondel war für die zweiköpfige Besatzung voll gepanzert, die Sicht hatte man verbessert. Die Bewaffnung bestand aus zwei 20 mm Maschinenkanonen MG 151/20, vier 7,92 mm Maschinengewehren MG 17 und einem 7,92 mm Zwillings-MG 81Z im B-Stand. Das Tankvolumen wurde auf 276 Liter reduziert. Die Abflugmasse erhöhte sich auf 4.610 kg, was eine Verstärkung des Fahrwerks nötig machte. Die Flugeigenschaften waren einfach schlecht, da die Motorleistung für so ein schweres Fluggerät deutlich zu gering war. Nach wenigen Versuchsflügen wurde das Programm Fw 189 C beendet.
  • Fw 189 D: geplante Ausführung als Marineaufklärer mit zwei Schwimmern, zu diesem Zweck sollte die V7 entsprechend umgerüstet werden. Später wurde  das Vorhaben aber rückgängig gemacht.
  • Fw 189 E: geplante Ausführung mit luftgekühlten 14 Zylinder Doppelsternmotoren Gnôme Rhône  14M. Nur zwei Maschinen gebaut.
  • Fw 189 G: geplante Ausführung mit stärkeren Argus As 402 Motoren. Die Ausführung wurde wegen Motorenproblemen nicht realisiert. Die Verwendung von Argus As 412 Motoren wurde geprüft, aber es kam zu keiner Realisierung.
  • Fw 189 F: Die letzte Serienausführung mit stärkeren Argus As 411 Motoren und verstärkter Panzerung. Von der Ausführung Fw 189 F-1 wurden 1944 noch 17 Exemplare in Bordeaux-Mérignac gefertigt. Die Ausführung F-2 sollte eine zusätzliche Panzerung und ein elektrisch betätigtes Fahrwerk erhalten, wurde aber nicht mehr realisiert.

Die Auslegung der Fw 189 hatte sich bei den zahllosen Einsätzen, besonders im Osten unter den schlechtesten Bedingungen bewährt. So sprangen die Motoren auch noch bei -30 Grad klaglos an. Die Maschinen waren ausgesprochen beschußfest und kamen oft mit starken Beschußschäden wieder vom Einsatz zurück. Bei den Besatzungen waren sie sehr beliebt. Dies mag der Grund gewesen sein, daß 1947 auf die Forderung der Roten Armee nach einem schnellen bewaffneten Gefechtsfeldaufklärer Pawel O. Suchoi die Su 12 entwickelte, die der Fw 189 von der Auslegung sehr ähnlich war.

 

Die Su 12 ging zwar nicht in Serie, es wurden aber drei Prototypen gebaut, die bis 1952 ausgiebig getestet wurden.

Focke Wulf Fw 189 Uhu (Archiv: Eberhard Kranz)

Technische Daten: Focke Wulf Fw 189 A-2

Land: Deutschland
Verwendung:  Nahaufklärungsflugzeug, Schulflugzeug für FT und Blindflug

Triebwerk: zwei luftgekühlte hängende 12-Zylinder Reihenmotoren Argus As 410A-1  mit  verstellbaren Zweiblatt-Holzpropeller System Argus
Startleistung: je 465 PS  (342 kW)
Dauerleistung: 315 PS (232 kW) in 4.000 m  

Baujahr: 1942
Besatzung: 3 Mann
Erstflug: Mitte Juli 1938

 

Abmessungen:

Spannweite: 18,40 m

Spannweite Tragflächenmittelstück: 5,30 m

Spannweite Höhenleitwerk: 4,14 m

Länge: 12,00 m

größte Höhe:  3,10 m

größte Länge der Rumpfgondel: 6,05 m

größte Breite der Rumpfgondel: 1,67 m

größte Höhe der Rumpfgondel: 1,88 m

Propellerdurchmesser: 3,20 m

Propellerfläche: 8,04 m²

Spurweite: 4,28 m

Radstand: 8,67 m

Flügelfläche: 38,00 m²

V-Form Außenflügel: +8°

Pfeilung der Flügelvorderkante: 14°30’

Streckung: 8,91

größte Tiefe Tragflächenmittelstück: 2,74 m

größte Tiefe Höhenleitwerk: 1,40 m

Massen:

Leermasse: 2.830 kg

Startmasse normal:   3.950 kg

Startmasse maximal: 4.250 kg

Nutzlast: 700 kg (militärische Ausrüstung)

Tankinhalt: 450 Liter

Schmierstofftank: 90 Liter

Flächenbelastung: 111,84 kg/m²

Leistungsbelastung: 4,57 kg/PS  (6,22 kg/kW)

Kraftstoffverbrauch: 77 l/100 km

Schmierstoffverbrauch: 2,2 l/100 km

Leistungen:

Höchstgeschwindigkeit in Bodennähe: 342 km/h

Höchstgeschwindigkeit in 3.000 m: 350 km/h

Reisegeschwindigkeit in  2.400 m: 325 km/h

Landegeschwindigkeit: 120 km/h

Gipfelhöhe: 6.200 m

Steigleistung: 6,0 m/s

Steigzeit auf 1.000 m: 2,8 min

Steigzeit auf 5.000 m: 16,6 min

Reichweite normal: 670 km

Reichweite maximal: 835 km

Flugdauer: 2,5 h

Startstrecke: 240 m

Startrollstrecke bis auf 20 m: 450 m

Landestrecke. 300 m

Landerollstrecke aus 20 m: 570 m

Bewaffnung: zwei bewegliche 7,92 mm Maschinengewehre MG 15 mit je 750 Schuss im B- und C-Stand sowie
zwei starre, in den Flügelwurzeln eingebaute, 7,92 mm Maschinengewehre MG 17 mit je 1.000 Schuß
Bombenlast: maximal 200  kg an vier Aufhängepunkten unter den Tragflächen (4 x 50 kg Splitterbomben SC 50) oder 2x 50 kg und zwei Nebelgeräte S 125

Text: Eberhard Kranz

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