Caproni Campini N.1 (C.C.2)

01.11.2014 EK
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Caproni Campini N.1 (C.C.2), Land: Italien Lange galt die Caproni Campini N.1 als erstes Strahlgetriebenes Flugzeug, da der Flug der Heinkel He 178 durch Deutschland vor der FAI geheim gehalten wurde. Das Antriebskonzept war unbrauchbar, die Maschine erreichte lediglich Durchschnittsgeschwindigkeiten von alten Doppeldeckern. Spannweite: 15,85, Länge: 13,10 m, Geschwindigkeit: 375 km/h.

Im Mai 1931 gründete der Ingenieur Secondo Campini eine kleine Firma, in der er seine Ideen eines neuartigen Flugzeugantriebs verwirklichen wollte. Seine Grundidee war die Schaffung eines Motor-Luftstrahltriebwerks (ML), wobei ein konventioneller Kolbenmotor einen mehrstufigen Verdichter antreibt. In die so verdichtete Luft wird in einer ringförmigen Brennkammer Kraftstoff eingespritzt und das Gemisch durch Zündkerzen gezündet. In einer Schubdüse (Lavaldüse) entspannen sich dann die Explosionsgase und werden durch ein Abgasrohr, in dem sich ein Strömungspilz befindet, der, indem er im Abgasstrahl bewegt wird, die Strömung der Gase leitet und die Größe der Ausströmöffnung verändert und schließlich ins Freie transportiert. Durch den entstehenden Rückstoß sollte das Flugzeug vorwärts bewegt werden. Die Schaufeln des Verdichters, eigentlich eine ummantelte Luftschraube, sollten in ihrer Anströmrichtung verstellbar sein, um eine Steuerung der Verdichterleistung und damit des Schubs zu erreichen. Ähnliche Versuche wurden später im Forschungsinstitut für Kraftfahrtwesen und Fahrzeugmotoren in Stuttgart unter Professor Wunibald Kamm, das den sogenannten Kamm-Motor entwickelte, durchgeführt. Diese Art Triebwerke wird im angloamerikanischen Technikbereich als ?ducted fan? bezeichnet.

Caproni Campini N.1 (C.C.2) (Archiv: Eberhard Kranz)

Die Idee wurde bei Caproni umgesetzt

Campini suchte, nachdem er sein gesamtes Privatvermögen verbraucht hatte, Investoren für die Umsetzung seiner Ideen. Da er aber keine fand, reichte er seine Pläne schließlich beim italienischen Luftfahrtministerium ein und erhielt von dort Anfang 1934 prompt einen Auftrag zum Bau zweier Versuchsflugzeuge. Mit dieser Zusage suchte Campini nun einen Flugzeughersteller, der die Maschinen bauen würde. Nach mehreren Absagen gelang es ihm dann im Frühjahr 1939, den Grafen Gianni Caproni von der Wirksamkeit seines Antriebes zu überzeugen und dieser erklärte sich schließlich bereit, in seinen Flugzeugwerken die entsprechenden Maschinen zu entwickeln und zu bauen. Das Herzstück des Flugzeuges war Campinis Antrieb, der aus einem 12 Zylinder V-Motor Isotta Fraschini Asso L.121 RC.40 bestand, der einen ummantelten dreistufigen Verdichter antrieb. Die verdichtete Luft wurde in ein Schubrohr gedrückt, wo sie mit hoher Geschwindigkeit durch die Austrittsöffnung, die durch den eingebauten Strömungspilz über einen veränderbaren Querschnitt verfügte. In einer anschließenden Ringbrennkammer wurde Treibstoff in die strömende Luft eingespritzt und verbrannt. Durch diese Verbrennung sollte der Schub erhöht werden.

Caproni Campini N.1 (C.C.2) (Archiv: Eberhard Kranz)

Konstruktionsmerkmale Caproni Campini N.1

Um diesen Antrieb herum entwickelte Caproni einen einsitzigen Tiefdecker in Ganzmetallbauweise mit freitragendem Normalleitwerk und einziehbarem Heckradfahrwerk. Der Rumpf war in Schalenbauweise ausgeführt und hatte einen kreisrunden Querschnitt, der sich zum Heck hin verjüngte. Der Lufteinlauf erfolgte am Rumpfbug durch die kreisrunde Eintrittsöffnung. Das einsitzige Cockpit war ziemlich weit nach hinten verlegt, so dass es hinter dem Motor über dem Ausströmrohr lag. Die dreiteilige zweiholmige Tragfläche in Ganzmetallbauweise hatte einen elliptischen Grundriss. Das Flügelmittelstück ging unter dem Rumpf hindurch und nahm die Tanks auf. Die Außenflügel trugen über die gesamte Länge Querruder und Landeklappen. Das Hauptfahrwerk war an der letzten Rippe und dem Hauptholm des Tragflächenmittelstücks angeschlagen und fuhr hydraulisch aktiviert in den Außenflügel ein. Die Höhenleitwerksflosse lag über dem Schubrohr auf dem Heck der Maschine und verfügte über Ruder mit Hornausgleich. Das Seitenleitwerk hatte ein haifischflossenförmiges Aussehen und war, wie das Höhenleitwerk, ebenfalls aus Leichtmetall.

Caproni Campini N.1 (C.C.2) (Archiv: Eberhard Kranz)

Erstflug der Caproni Campini N.1

Im Frühjahr 1940 war der Bau der C.C.1 abgeschlossen und die Bodenerprobung begann. Es traten zahlreiche Probleme auf, so kam es zu Verwerfungen der Verdichterschaufeln, die anfangs aus Leichtmetall bestanden, ehe man sie aus legiertem Chrom-Nickelstahl fertigte. Die Einspritzung von Treibstoff durch die Ringdüse war nicht kontinuierlich, auch setzt nach kurzer Zeit die Zündung aus. Die thermische Belastung von Schubpilz und Abgasrohr war enorm und forderte ebenfalls werkstoffseitige Veränderungen. Im Juni 1940 wurde die Maschine schließlich auf den Militärflugplatz von Taliedo bei Mailland gebracht, wo am 27. August 1940 der Erstflug durch den bekannten Rennpiloten Oberst Mario de Bernardi erfolgreich durchgeführt wurde. Der Flug dauerte 10 Minuten und 45 Sekunden und löste einen wahren Taumel nationaler Begeisterung aus. Das faschistische Regime nutzte den Erfolg, um sich als die führende Luftfahrtmacht darzustellen. Aber auch international wurden reichlich Lorbeeren eingesammelt. So ernannte der Internationale Luftfahrtverband FAI die C.C.1 offiziell zum ersten Strahlflugzeug der Welt, da der Flug der He 178 am 27. August 1939 seitens Deutschlands geheim gehalten wurde.

Caproni Campini N.1 (C.C.2) (Archiv: Eberhard Kranz)

Erprobung der Caproni Campini C.C.1

Am 16.September 1940 startete die C.C. 1 erneut. Diesmal dauerte der Flug in Taliedo nur reichliche fünf Minuten, dann musste die Maschine wegen technischer Probleme landen. Neben einigen weiteren Propagandaflügen fand am 22. Oktober 1940 ein Flug von Taliedo nach Guidonia Montecelio bei Rom über 470 km statt. Dafür benötigte die C.C.1 2 Stunden und 15 Minuten, was eine ernüchternde Durchschnittsgeschwindigkeit von 209 km/h ergab. Der zweite, nun zweisitzige Prototyp war geringfügig größer gehalten und verfügte aber auch über eine größere Masse. Die C.C.2 bezeichnete Maschine startete am 11. April 1941 zu ihrem Erstflug. In der Folge fanden verschiedene Testflüge statt, wobei man unter Verwendung der Ringdüse eine Höchstgeschwindigkeit von 374 km/h erreichte, genauso viel wie der veraltete Jagddoppeldecker Fiat CR.32 von 1932.

Caproni Campini N.1 (C.C.2) (Archiv: Eberhard Kranz)

Caproni Campini CC.2, Geschwindigkeit wie die alten Doppeldecker

Am 30. November 1941 flogen Mario de Bernardi und Giovanni Pedace von Mailand Linate nach Guidonia Montecelio über 476 km. Dabei erreichten sie eine Durchschnittsgeschwindigkeit von 217 km/h. Über eine längere Flugzeit konnte die Einspritzung und Verbrennung von Kraftstoff in dem Schubdüsenkanal nicht angewendet werden. Im Januar 1942 fand eine Auswertung der bisherigen erreichten Leistungen statt, in deren Ergebnis wegen der erreichten niedrigen Geschwindigkeiten das gesamte Projekt abgebrochen wurde. Das Motor-Luftstrahltriebwerk hatte sich als technische Sackgasse erwiesen. Trotzdem beschäftigte man sich bis 1942 auch bei Heinkel mit den Projekten He S 50d, He S 50z und He S 60, wo verschiedene Diesel- und Ottomotoren zum Einsatz kommen sollten. Das RLM bestellte auch je drei Exemplare. So sollte das S60 Triebwerk einen 32 Zylinder Ottomotor von 2.000 PS erhalten und damit einen Schub von 1.250 kp (12,26 kN) abgeben. Obwohl bereits Einzelteile gefertigt wurden, kam es nie zu einem Bau der Versuchstriebwerke.

Caproni Campini N.1 (C.C.2) (Archiv: Eberhard Kranz)

Verbleib der Caproni Campini C.C.2

Übrigens die C.C. 2 ist vollständig erhalten geblieben und kann im Luftwaffenmuseum (Museo Aeronautica Militare) in Vignia di Valle bei Rom besichtigt werden. Vom ersten Prototyp C.C.1 ist der Rumpf erhalten geblieben und steht im Museum für Wissenschaft und Technik in Mailand. Die Campini Caproni C.C.1 und C.C.2 waren nach der Heinkel He 178, die zweiten Strahlflugzeuge der Welt, die vom Boden abhoben und deshalb haben sie sich trotz des falschen Lösungsansatzes einen festen Platz in der Geschichte der Luftfahrt verdient.

Caproni Campini N.1 (C.C.2) (Archiv: Eberhard Kranz)

Technische Daten: Caproni Campini CC.2

Land: Italien
Verwendung: Versuchsflugzeug
Triebwerk: ein wassergekühlter 12-Zylinder-V-Reihenmotor Isotta Fraschini Asso L.121 RC.40 mit dreistufigem Axialverdichter
Startleistung: 912 PS (672 kW)
Dauerleistung: 805 PS (593 kW) in 5.000 m
Schubleistung: 480 kp (4,7 kN)
Schubleistung mit Kraftstoffeinspritzung und Verbrennung im Schubrohr: 700 kp (6,87 kN)
Erstflug: 27. August 1940
Besatzung: 2 Mann

Spannweite: 15,85 m
Länge: 13,10 m
größte Höhe: 3,54 m
Verdichterdurchmesser: 1,42 m
Spurweite: 4,30 m
Flügelfläche: 36,2 m²
V-Form: Außenflügel +4°
Streckung: 6,94
Leermasse: 3.220 kg
Startmasse normal: 4.000 kg
Startmasse maximal: 4.195 kg
Tankinhalt: 580 Liter
Schmierstoff: 32 Liter
Flächenbelastung: 115,89 kg/m²
Leistungsbelastung Kolbenmotor: 4,60 kg/PS (6,25 kg/kW)
Leistungsbelastung ML Triebwerk: ohne Nachbrenner
Leistungsbelastung ML Triebwerk mit Nachbrenner: 5,99 kg/kp (0,61 kg/N)
Höchstgeschwindigkeit in Bodennähe: 272 km/h ohne Nachbrenner
Höchstgeschwindigkeit in Bodennähe: 302 km/h mit Nachbrenner
Höchstgeschwindigkeit in 3.000 m: 360 km/h ohne Nachbrenner
Höchstgeschwindigkeit in 3.000 m: 375 km/h mit Nachbrenner
Reisegeschwindigkeit in 3.000 m: 280 km/h
Startgeschwindigkeit: 146 km/h
Landegeschwindigkeit: 140 km/h
Gipfelhöhe: 12.000 m
Steigleistung: 5,2 m/s
Steigzeit auf 1.000 m: 3,25 min
Steigzeit auf 3.000 m: 11 min
Reichweite normal: 850 km
Reichweite maximal: 940 km
Flugdauer: 3,5 h
Startstrecke: 850 m
Landestrecke: 890 m

Text: Eberhard Kranz

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